November 2022 – Die Straßenbahn Herne – Baukau – Recklinghausen

Guido KorffBuch des Monats LISTE, Buch des Monats MIT FORMATIERUNG

Sven Binder
Die Straßenbahn Herne – Baukau -Recklinghausen
Vom Kleinbetrieb zur letzten Strecke der “Vestischen” 1898 – 1992

SBB-Verlag, Dortmund 2022
160 Seiten, Format 21,5 x 30,3 cm, Hardcover, über 300 schwarzweiße und farbige Abbildungen, darunter über 200 Fotos;
ISBN 978-3-910461-00-0

Im BMB-Vertrieb erhältlich für 36,00 € (auf Wunsch auch im Versand)

Die historische Darstellung der Straßenbahnbetriebe im Ruhrgebiet ist über die Jahre unbefriedigend geblieben. Die Ursache ist vermutlich darin zu suchen, dass den großen Netzen mit ihren vielen Nachbarortsverbindungen das städtische Zentrum fehlt(e), das zu einer eindeutigen “Identifikation” mit dem Betrieb eingeladen hätte.

Dies ist der sprunghaften Entwicklung dieses Ballungsraums zuzuschreiben, wo aus kleinen Dörfern durch die Ansiedlung von Zechen innerhalb weniger Jahre beachtliche Städte entstanden, die auch sich auch bald aktiv mit ihren Verkehrsbedürfnissen beschäftigen mussten. In der Folge entstand eine Vielzahl von Kleinbetrieben, die erst im Laufe der Zeit zu den heutigen Großunternehmen zusammenwuchsen.

Im Einzugsgebiet der Vestischen Straßenbahnen (und auch der BoGeStra) haben deshalb verschiedene Autoren einzelne Betriebe bzw. Linien herausgegriffen und detaillierter beschrieben, als dies in einem gemeinsamen Buch möglich gewesen wäre.

Der hier vorliegende Band verlässt das kompakte Format seiner Vorgänger und weiß durch eine Ausstattung zu gefallen, die Bücherfreude positiv anspricht und Lesevergnügen bereitet.

Aber auch der Inhalt löst ein, was die äußere Form verspricht. Dabei sticht hervor, dass jeder nennenswerte Ausbaufortschritt anhand einer übersichtlichen Streckenskizze nachvollzogen werden kann. Der im Ruhrgebiet seltene Einsatz von großen vierachsigen Wagen schlägt sich in zahlreichen Fotos nieder, das Kapitel zum Fahrzeugpark dokumentiert deren verschiedene Umbauzustände. Schließlich kommt auch das Depot mit seinen Bauphasen nicht zu kurz. Es werden also alle relevanten Fragen beantwortet.

Nur ein Geheimnis lüftet der Autor nicht: Warum wurde die Strecke vor dem Bau mit 8.750 m ausgeschrieben, die Distanz in der Realität aber mit weniger als 8 km überbrückt?

Die große Bedeutung der einzigen, nach Verlängerung zu Recklinghäuser Bahnhof knapp 9 km langen Strecke der Gesellschaft im Verkehrsgefüge der Region zeigt sich daran, dass die Linie nach dem Übergang auf die Vestischen Kleinbahnen (1939) bis zum Schluss des Straßenbahnbetriebs im Vest Recklinghausen erhalten blieb. Dadurch sind auch viele Farbaufnahmen der Strecke entstanden, die der Autor zu einer anschaulichen Streckenreise zusammengestellt hat, mit der er sein buch beschließt.

Fazit: Für die uneingeschränkte Kaufempfehlung sprechen vor allem die tiefgehende Behandlung des Themas und die liebevoll gemachte Buchausstattung.
-gk-