KW44/2021: Kölsches Grundgesetz §3: Ett hätt noch immer jot jejange ???

Guido KorffBild der Woche

Das „Vringsveedel“ in Köln – benannt nach der Kirche St. Severin, deren Turm rechts durch die Bäume sichtbar ist – gilt als einer Stadtbezirke, wo das „Kölsche Wesen“ noch sehr authentisch erlebt werden kann. Alljährlich an Weiberfastnacht wird hier am Chlodwigplatz vor dem Severinstor mit dem Schauspiel über die unglückselige Liebschaft von Jan van Werth und seiner Griet der Kölner Straßenkarneval eröffnet. Dat hätt nich jot jejange!

Im Mittelalter lag das Severinsviertel an der Landstraße nach Bonn; die hier gezeigte Severinstorburg schützte den Eingang in die Stadt. Das Stadttor steht heute noch, aus dem Schussfeld vor den Mauern entstanden später die „Ringe“, die heute stark befahrene Straßenbahnstrecken tragen. Innerhalb der Mauern dagegen stieß die Anlage von Schienenwegen auf Schwierigkeiten; zu eng war vielerorts die Bebauung für eine angemessene Gleisführung. Die alten Strecken sind deshalb heute weitgehend verschwunden, für die verbliebenen Linien haben großzügige Straßendurchbrüche, z. B. zwischen Heumarkt und Neumarkt, nach dem Zweiten Weltkrieg den Raum geschaffen.

Der Chlodwigplatz war lange Zeit Station auf einer wichtigen Nord-Süd-Linie, die u. a. Hauptbahnhof und Dom, Rathaus und Heumarkt miteinander verband. Der südliche Abschnitt vom Waidmarkt nach Bayenthal wurde schon am 23. Dezember 1877 als Pferdebahn eröffnet. Nach den Kriegszerstörungen musste die Strecke vom Waidmarkt durch die Severinstraße der Philosophie der “autogerechten Stadt” weichen. Stattdessen wird das Viertel an seinem nördlichen Rand seitdem durch die Anbindung der Straßenbahn auf der neuen Severinsbrücke – jetzt aber in Ost-West-Richtung – erschlossen.

Mit dem Bau der Tunnelstrecke vom Ebertplatz zum Dom lebte der Gedanke an eine Nord-Süd-Verbindung durch die Altstadt wieder auf. Der Verlauf der alten Linie 7 wurde dafür zur Vorlage genommen. Vom Hauptbahnhof zum Rathaus rollen die Bahnen der Linie U17 jetzt seit 2012, zum Heumarkt seit 2013.

Und dann das: Am 3. März 2009 stürzte das Kölner Stadtarchiv in die Baugrube südlich des Waidmarkts. Die anschließende Beweissicherung und die juristische Aufarbeitung beanspruchten anschließend rund 12 Jahre! Erst in diesen Tagen wurden die Bauarbeiten wieder aufgenommen. Die schwierigen geologischen Verhältnisse lassen eine Fertigstellung allerdings erst in sieben bis zehn Jahren (Prognose: 2027) erwarten! Dat hätt nich jot jejange!

Immerhin konnte am 3. September 2021 schon der Neubau des Stadtarchivs eröffnet werden. Zwar gelang es, 95 % des betroffenen Archivguts zu retten, die Stadt Köln bezifferte den Schaden aber auf 1,33 Mrd. Euro! Dat hätt nich jot jejange!

Unter dem Severinstor und dem Chlodwigplatz kann man jedoch schon seit 2015 mit der Stadtbahn fahren. Die separate Eröffnung dieses Teilstücks war nötig, um die Anforderungen der Fördermittelgeber zu erfüllen. Der Betrieb beginnt an der Haltestelle „Severinstraße“ und bietet zumindest eine Umsteigemöglichkeit zu den Linien, die von der Severinsbrücke zum Neumarkt verkehren. Am anderen Ende wird die Rheinuferstrecke erreicht, die U17 endet in im Regelfall in Rodenkirchen, einzelne Fahrten führen nach Sürth.

Aufgrund der noch unbefriedigenden Einbindung ins Netz ist die Fahrgastnachfrage aber enttäuschend gering, so dass solo-fahrende B-Wagen ausreichen. Hätt dat jot jejange?

-gk- / Foto: Sammlung –gk-