Karlsruhe hat schon immer mit Besonderheiten aufwarten können, seien es der Bauplan der „Fächerstadt“, das „Karlsruher Modell“ oder die kommende U-Bahn, die für eine Stadt von gerade mal etwas über 300 Tsd. Einwohnern recht ambitioniert erscheint.
Vor der Gründung von Karlsruhe im Jahre 1715 residierten die Markgrafen von Baden-Durlach im heutigen Stadtteil Durlach, der sich seinen kleinstädtischen Charakter bis in die Gegenwart bewahrt hat. An die heutige „City“ ist Durlach mit der Straßenbahnlinie 1 angebunden, die den ganzen Ortskern – mit einem kurzen eingleisigen Abschnitt – durchquert und in einer großen Blockumfahrung endet.
Von der Endstelle ist es nicht mehr weit zum Karlsruher Hausberg, dem Turmberg, der mit 257,2 m über Normalnull einen wunderbaren Ausblick in die Rheinebene bietet. Zur Burgruine hinauf dient seit 1888 als Aufstieghilfe die meterspurige Turmbergbahn, die nach der Einstellung der Bahn in Zeitz und der Malbergbahn in Bad Ems heute als Deutschlands älteste betriebsfähige Standseilbahn gilt. Auf 315 m Gesamtlänge überwindet sie immerhin 100 m Höhenunterschied.
Die Lücke zwischen der Endschleife der Straßenbahn und der Talstation war allerdings schon vor über hundert Jahren den Ausflüglern ein Dorn im Auge. Gefordert wurde deshalb eine talseitige Verlängerung der Bergbahn (nicht der Straßenbahn!). Die Bergbahnstraße wurde damals neu geplant und erhielt in der Mitte Raum für die Trasse. Auf unserem Foto erkennen wir den entsprechenden Grünstreifen links oberhalb des blauen VW Käfer. Irgendwie verlief die ganze Sache aber im Sande…
1966 wurde die Turmbergbahn zuletzt modernisiert und von Wasserballast- auf elektrischen Betrieb umgestellt. Seitdem ist sie deutlich in die Jahre gekommen und müsste allmählich renoviert werden. Man will jetzt die Chance nutzen und gleich mehrere Herausforderungen angehen. Auf dem Plan stehen umfassende Erneuerung, Umstellung auf automatischen Betrieb, Erhöhung der Kapazität, barrierefreie Umgestaltung – und ja: Verlängerung um ca. 200 m bis zur Straßenbahn! Die Karlsruher Verkehrsbetriebe und die politischen Gremien haben dem Konzept zugestimmt; 2022 soll der Um- und Ausbau beginnen.
Die Schließung der Lücke bringt den Fahrgästen einen weiteren Vorteil – die Integration der Turmbergbahn in den Karlsruher Verkehrsverbund; derzeit werden noch separate Tickets verkauft. Einen Wermutstropfen gibt es allerdings auch. Die im Bildhintergrund querende Straße ist die Bundesstraße 3, die sich zwischen die beiden Bahnen schiebt.
Die Ansichtskarte lässt erahnen, dass auch schon die älteren Karlsruher Straßenbahnen in der Farbkombination gelb-rot unterwegs waren, die den Farben der Stadt entspricht. Hinter dem gerade abgefahrenen Sechsachser wartet mit Beiwagen 307 einer der beiden Anhänger zu den fünfzehn Großraumwagen der ersten Bauserie von 1954/55. Sie waren die ersten neuzeitlichen Straßenbahnwagen in der Fächerstadt. Gebaut wurden sie von der „heimischen“ Waggonfabrik Rastatt, aber die zeitgenössischen Düwag-Wagen dienten als Vorlage (u. a. Tandem-Antrieb und Türen).
Nach 25 Einsatzjahren scheiden die Wagen Ende der 70er-Jahre aus dem Bestand. Das langjährig feste Gespann aus Tw 119 und Bw 307 wurde zwar erst 1994 verschrottet, erhalten blieb aber kein Fahrzeug aus dieser Serie.
-gk- / Foto: Foto Erich Bauer (Sammlung -gk)