In Zeiten, in denen sich der Präsident der USA mit China um Handelsfragen streitet, lohnt ein Blick auf die lange chinesische Präsenz in den USA. Immerhin hätte ohne die billigen Arbeitskräfte aus dem „Reich der Mitte“ so manche transkontinentale Eisenbahnlinie nie die Westküste erreicht.
Die Erinnerung an diese Zuwanderer, die seit der Mitte des 19. Jhdts. In großer Zahl über den Pazifik an die Westküste gekommen sind, halten die „Chinatowns“ wach, die es in vielen US-amerikanischen Großstädten – auch weiter im Osten (z. B. in Chicago) – gibt. Bei einer Chinatown handelt es sich jedoch nicht um einen Beleg für eine bewusste Absonderung wie bei den „Little Italy“ oder „French Quarter“ genannten Stadtbezirken, sondern um eine Art Ghetto, in dem die rechtlosen Menschen zwangsweise angesiedelt wurden.
Davon merkt man heute aber nur noch wenig, denn nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Restriktionen gelockert. Die Chinesen wurden zu anerkannten und erfolgreichen US-Bürgern und die Chinatowns wandelten sich im Laufe der Zeit zu „exotischen“ Touristenattraktionen.
In San Francisco liegt die Chinatown heute nahezu im Stadtzentrum der stark angewachsenen Stadt. Das hier abgebildete Gebäude mit dem pagodenähnlichen Türmchen an der Ecke California Street / Grant Avenue sieht heute noch genauso aus wie zum Zeitpunkt der Aufnahme. Das Foto dürfte Anfang der 70er Jahre entstanden sein – also etwa zu der Zeit, als der rechts sichtbare Volkswagen des Typs 411 / 412 produziert wurde.
Natürlich ist der vorn sichtbare Wagen der Kabel-Straßenbahn („Cable Car“) in San Francisco viel interessanter als ein alter VW. Er verkehrt auf der Cable-Car-Linie, die nach der befahrenen Straße „California Street“-Line genannt wird. Die Linie verläuft schnurgerade über den Stadthügel durch den Hauptbürobezirk der Stadt. Der Wagen verfügt an beiden Enden über offene Abteile, was ihn als Zweirichtungswagen ausweist, denn die California-Street-Line setzt an den Endstellen über einfache Weichen auf das Gegengleis.
Bei den Touristen viel bekannter sind dagegen die Einrichtungswagen der beiden Linien „Powell & Hyde“ und „Powell & Mason“. Sie wenden an ihren Endstellen über Drehscheiben. Dazu müssen sie mit Muskelkraft gedreht werden, was regelmäßig von zahlreichen Schnappschüssen begleitet wird. Hinzu kommt, dass diese beiden Linien, die sich den Abschnitt in der Powell Street teilen, die für Touristen reizvolleren Endpunkte bedienen.
Alle drei Linien werden von einem gemeinsamen Maschinenhaus angetrieben, von dem aus „endlose“ Drahtseile in Kabelkanälen die befahrenen Straßen entlang laufen. Klinkt sich der „Fahrer“ – hier aus naheliegenden Gründen „Gripman“ genannt“ – mit einer Zange unter dem Wagen in das Seil ein, wird der Wagen voran bewegt, löst der Gripman die Zange wieder, kann er angehalten werden. Darin unterscheiden sich Cable Cars von den bei uns üblichen Standseilbahnen, bei denen die Wagen permanent mit dem Seil verbunden sind.
Die Haltestellen befinden sich in San Francisco zumeist an den Querstraßen, die parallel zum Hang verlaufen, weil hier die Trasse jeweils einen kurzen ebenen Abschnitt aufweist. Der Fahrgastwechsel mitten im Verkehrsgewühl ist nicht unproblematisch, aber die durchaus zahlreichen Unfälle gehen wohl zumeist glimpflich aus.
Fällt das Maschinenhaus aus, liegt das gesamte System still. Dies führte in den Jahren der Generalüberholung 1982 – 84 zur ersatzweisen Einführung des Straßenbahnverkehrs mit historischen PCC-Wagen auf der Market Street, aber das ist eine andere Geschichte…
Die Kabelstraßenbahnen waren eine US-amerikanische Alternative zu unseren Pferdetrams und sind auch etwa gleich alt. Andrew Smith Hallidie gilt als Erfinder der heutigen Technologie, wobei es zahlreiche Vorläufer gegeben hat, die aber nie über Versuchsbetrieb hinausgekommen sind. Seine erste Strecke in San Francisco nahm am 1. September 1873 ihren Betrieb auf (drei Monate vor der Barmen-Elberfelder Pferdebahn!).
Im Laufe der Jahre gab es in dreißig US-amerikanischen Städten Cable Cars und eine nochmals größere Zahl rechtlich selbständiger Gesellschaften. Nicht alle Cable Cars mussten Steigungen überwinden, galten sie doch auch als „saubere“ Alternative zu den „Hafermotoren“. Übrig geblieben sind davon seit 1964 (weltweit) nur noch die drei Linien in San Franciso mit zusammen 17,1 km Streckenlänge.
In Europa und dem Rest der Welt gab es dagegen nur in Großbritannien mehrere Cable-Car-Betriebe, während die Betriebsform sonst eher ein „Exot“ blieb. Da die Topographie von Lissabon für Pferdebahnen in weiten Bereichen nicht geeignet war, verkehrte die heute beliebte Touristenlinie 28 in ihren Anfangsjahren ebenfalls als Cable Car, wurde aber später wie das restliche Netz elektrifiziert. Bei dem noch bestehenden „Elevador da Bica“ handelt es sich dagegen um eine „normale“ Standseilbahn, die lediglich im Straßenplanum verläuft.
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