KW33/2023 – Köln: Dom und Bahnhof gehören doch zusammen!

Guido KorffBild der Woche

Man kann Köln nachsagen, was man will, aber in einer Sache ist die Stadt bisher konsequent geblieben: Der Hauptbahnhof und der Dom stehen seit über 150 Jahren  – genauer: seit 1859 – nahe nebeneinander. Dem Symbol kirchlichen Machtanspruchs wurde damit ein “Statement” bürgerlichen Gestaltungswillens an die Seite gestellt. Köln als einst mächtiges Mitglied der Hanse und eine der bedeutendsten deutschen Städte des Mittelalters wollte damals seine zentrale Position im deutschen und europäischen Handel auch im Zeitalter der Eisenbahn verteidigen.

Die schnellen Schiffe der Niederländer hatten die über Land führenden Handelsrouten der Hanse entwertet. Diese “Innovation”  im Verkehrswesen hatte für Köln aber einen empfindlichen Haken: Die Waren mussten seitdem erst einmal in einen Seehafen gelangen, um die  neuen internationalen Abnehmer zu erreichen. Dabei waren die Niederländer der “Feind”, hohe Zölle auf dem Rhein auf dem Wege nach Rotterdam zehrten große Teile des Gewinns auf. Früh machte sich Köln deshalb die nächste große Erfindung der Verkehrstechnik zunutze – die Eisenbahn. Während die Rheinische Eisenbahn ab 1839 in Etappen via Aachen den belgischen Hafen Antwerpen ansteuerte, versuchte die Cöln-Mindener Eisenbahn ab 1845 die Weser zu erreichen, auf der die Waren nach Bremen weitertransportiert werden konnten. Der Weg war zwar länger, aber wurde als rein deutsche Lösung als politisch sicherer betrachtet.

Im Laufe der Zeit entstanden mehrere Kopfbahnhöfe, die durch den Rheinstrom getrennt waren, auf der Kölner Seite lagen sie zudem außerhalb der mittelalterlichen Stadt. Es gehörte deshalb schon einiger Mut dazu, mitten im Zentrum einen neuen “Centralbahnhof” einzurichten und gleich auch noch mit Deutz auf der “schäl Sick” zu verbinden. Dass die Brücke genau in der Sichtachse des Doms liegt, ist wohl dem Einfluss zu verdanken, den sich Preußen um diese Zeit im Rheinland mit viel Geld erkaufte (man denke nur an die Vollendung des Doms im Jahre 1880). Auf dem Foto erkennen wir die rechts die Portal-Türme der Brücke, die 1958 abgerissen wurden.

Der Hauptbahnhof einer Großstadt musste natürlich auch ordentlich in das innerstädtische Nahverkehrsnetz eingebunden sein, um seine Aufgaben zu erfüllen. Im Vordergrund sehen wir einen Straßenbahn-Zug, der noch aus Wagen der ersten Generation besteht. Gegenüber dem Museumswagen in Thielenbruch sind zumindest beim Triebwagen aber schon die Plattformen verkleidet. Rechts sieht man weitere Straßenbahnwagen, die in Richtung Rheinufer unterwegs sind.

Vielleicht verkehren sie auf der “Rundbahn”, die bis zum Zweiten Weltkrieg die Altstadt mit vielen engen Kurven erschloss, möglicherweise fahren sie aber auch nach Deutz, denn neben den Eisenbahngleisen gab es auf der Hohenzollernbrücke auch eine Straßenbahnfahrbahn, die nach dem Zweiten Weltkrieg aber nicht wieder aufgebaut wurde. Am Deutzer Brückenkopf kann man die darin ehedem verlegten Gleise noch heute sehen.

Auch nach dem Krieg blieb die Straßenbahn auf dem Bahnhofsvorplatz präsent, indem eine Strecke von Westen direkt vor dem Bahnhofsgebäude in einer großen Blockumfahrung endete. Neu gemischt wurden die Karten erst mit der Eröffnung der Stadtbahn, die mit einer Nord-Süd-Strecke auch gleich die Altstadt wieder an das örtliche Schienennetz anschloss.

Ins Gespräch gekommen ist der Bahnhof in den letzten Jahren durch den immer weiter steigenden Platzbedarf für neue Gleise. Das Projekt “Neue Mitte Köln” schlägt Ende 2022 deshalb vor, den Hauptbahnhof gleich ganz nach Köln-Kalk zu verlegen, weil damit außerdem die Schnellstrecke nach Frankfurt noch besser als über Köln-Messe/Deutz angebunden werden könnte. Die Strecke entlang des jetzigen Hauptbahnhofs soll dann aufgegeben und in einen begrünten Boulevard umgewandelt werden, der im Westen bis zum Mediapark reicht. Bahnsteighalle und Brücke bleiben erhalten .Die Deutzer Seite soll somit enger mit der Altstadt verbunden werden. Ein besonderer Clou wäre dabei die Brücke: Nach dem Vorbild der New Yorker “Highline”, einer parkähnlich begrünten ehemaligen Hochbahnstrecke, soll üppige Bepflanzung die Rheinquerung mit dem Fahrrad oder zu Fuß zu einem besonderen Vergnügen machen! Eine Verbindung auf Schienen ist dabei allerdings nicht mehr zu erkennen.

Hier  kann man Bilder davon anschauen.

Wenngleich die Architekten prominent sind (u. a. ein Adenauer-Enkel), hofft Ihr Redakteur, dass die lange Geschichte der Stadt genügend Gelassenheit verleiht, nicht jeden Unfug mitzumachen!

-gk- / Foto: Sammlung -gk-