Ohne die „Bluescreen“-Technologie wären viele Kino-Hits der letzten Jahre nicht denkbar gewesen. Dabei agieren die Schauspieler in einem Studio und ihre Szenen werden anschließend mit einem zumeist „phantastischen“ Hintergrund hinterlegt. Der Haken dabei: Das Ganze funktioniert nur mit elektronischer Farbaufzeichnung. Die war aber vor hundert Jahren noch lange nicht erfunden.
Im Tal der Wupper posierte die Schwebebahn schon immer als „Hauptdarsteller“ unzähliger Ansichtskarten. Beliebte „Nebendarsteller“ waren dann andere Verkehrsmittel, denn davon gab es im Tal eine reiche Auswahl. Das bekannteste Motiv „spielt“ an der Sonnborner Brücke, wo Eisenbahn und Straßenbahn häufig die Schwebebahn umrahmen. Später kamen dann noch Omnibusse hinzu. Dafür zog als „Special Guest“ in den Anfangsjahren oft noch ein Luftschiff seine Bahn am Himmel. Der unbefangene Betrachter fragte sich dann oft, wie lange der Fotograf wohl auf ein so glückliches Zusammentreffen hat warten müssen. Wo der Film von der „Illusion“ lebt; greift aber auch der Fotograf zur Täuschung.
Eine mögliche Option ist ein künstliches Arrangement: Die Wuppertaler Stadtwerke versammeln Schwebebahn, Straßenbahn und Bus am rechten Platz und alle zusammen warten dann nur noch einen Zug auf der Brücke, denn die Staatsbahn tut sich etwas schwerer mit gestellten Szenen (obwohl es auch dafür Belege gibt). Ein bestimmtes Detail verrät zuverlässig solche Aufnahmen: da die Schwebebahn keine Liniennummer führt, zeigt der Nummernkasten an der Wagenfront die Kursnummer – steht diese auf „0“ handelt es um eine arrangierte Situation.
Statt der hinlänglich bekannten Brückenszene zeigen wir hier mit dem Kaiserplatz in Vohwinkel eine andere Stelle, die bis heute mehrere Verkehrsmittel versammelt. Dabei ist interessant, dass die drei Straßenbahnwagen durchaus echt wirken, während der Schwebebahnzug der Baureihe 00/12 eindeutig aus einem anderen Foto ausgeschnitten und hier einmontiert wurde. Die Schnittkante am Wagenboden ist recht deutlich erkennbar. Vermutlich ist das Bild mit der Schwebebahn am genau gleichen Standort etwas früher oder später entstanden, so dass der montierte Teil trotzdem gut ins Bild passt.
Kniffliger war da wohl die Integration des Fahrwerks. Hier verrät sich die nachträgliche Zugabe u. a. dadurch, dass am Längsträger recht abrupt die Farbe wechselt. Dieser Fehler verwundert etwas, weil wir hier doch ein nachträglich koloriertes Schwarz/Weiß-Foto vor uns haben. Auch die Antriebseinheiten wirken irgendwie grob übermalt. Immerhin sticht der Schwebebahnzug als roter Farbtupfer markant hervor, während die Straßenbahnen alle eine ordentliche Portion Grün abbekommen haben.
Der Wagen der „Kreis Mettmanner Straßenbahn“ (rechts) ist am deutlichsten zu erkennen. Er entstand als Teil der ersten Wagenserie des Betriebs in den Jahren 1909/10, eine Konstruktion des Düsseldorfer Herstellers Carl Weyer & Cie. Die Strecke nach Vohwinkel gehörte 1909 auch gleich zu den ersten Verbindungen, die dieses Mitglied der RWE-Gruppe eröffnet hat. Markant ist bei diesen Wagen vor allem die Fensterfolge. Die Linie W von Mettmann nach Vohwinkel verkehrte bis 1952.
In der Bildmitte wartet auf der Strecke nach Benrath ein kleiner, kantiger Triebwagen von nur 7,85 m Länge. Er gehörte zur zweiten Serie (Nr. 18-69) der für die Bergischen Kleinbahnen beschafften Motorwagen aus den Jahren 1898-1904. Diese Gesellschaft hatte neben ihrem Hauptnetz im Raum Elberfeld hier einen zweiten Teilbetrieb aufgezogen, der von einer neuen Zentrale in Benrath ausgehend am 10. Juli 1899 Vohwinkel erreichte. Beim Übergang der beiden Benrather Linien an die Stadt Düsseldorf am 01. Oktober 1911 verblieben zahlreiche Fahrzeuge beim neuen Eigentümer. Die Linie V verkehrte danach noch bis 1961.
Links dagegen durchfährt ein Solinger Triebwagen die Kurve zur Kaiserstraße, um nach wenigen Metern und einer weiteren Linkskurve seine Endstation am Rathaus zu erreichen. Diese Linie brachte im Januar 1899 das erste elektrische Verkehrsmittel in das damals noch eigenständige Vohwinkel. Der Wagen (Tw 13) gehört zur Erstausstattung der „Solinger Kreisbahn“ von 1898. An der Fensterfolge mit den beiden großen Fenstern erkennt man jedoch, dass er bereits seinen ersten Umbau hinter sich hat, der bei dieser Serie ab 1908 erfolgte. Am 01. Oktober 1958 übernahm hier der Obus die Verkehrsbedienung.
Der Fotograf hätte auch noch ein weiteres Verkehrsmittel auf seine Glasplatte bannen können, aber offensichtlich war es um 1910 – zur Zeit der Aufnahme – (noch) nicht zur Hand: weit und breit kein Automobil zu sehen! So hat der Schienenverkehr die Aufmerksamkeit des Publikums ganz für sich allein. Das wird sich aber bald ändern; da müssen wir nicht mal auf die Erfindung des Tonfilms warten…
-gk- / Foto: Kunstverlag Max Biegel, Elberfeld; Karte verschickt 1927 (Sammlung –gk-)