Wo ist nochmal die Wuppertaler Endstelle, an der hier Tw 18 fotografiert wurde? Nein, halt, der Gesellschaftsname stimmt ja gar nicht: Straßenbahngesellschaft Ennepe (SGE). Richtig, das Bild wurde an der Endstelle in Voerde aufgenommen – aber wann? Und warum ist der Wagen so ungewöhnlich lackiert?
Die Frage nach der Farbe lässt sich einfach erklären. Die Fahrzeuge – auch die Omnibusse – der Straßenbahngesellschaft Ennepe trugen damals im Normalfall eine elegante Zweifarblackierung: oben hell-creme, unten dunkelgrün, dazwischen ein schwarzer Trennstreifen. Wenn man alte Bilder durchsieht, kann man vermuten, dass das Farbschema Ende der 20er Jahre eingeführt wurde. Vielleicht kam es 1928 mit den neuen Triebwagen der Serie 12 – 20 ins Tal.
Erst die erste Generation der VÖV-Standard-Linienbusse von Büssing brach mit dieser Tradition. Eine weitere Gewohnheit ging übrigens gleich anschließend zuende: nach dem Verkauf von Hauslieferant Büssing an MAN wurde noch genau ein Bus (119) mit dem kombinierten Markenzeichen geliefert, danach wechselte das Unternehmen für viele Jahre zu Daimler-Benz.
Da in der Zeit des Zweiten Weltkriegs die grüne Farbe wohl nicht in der benötigten Menge nachbeschafft werden könnte, lackierte das Unternehmen seine Wagen für kurze Zeit zwangsläufig durchgehend in einer hellen Farbe (vermutlich das traditionelle Hellbeige der Fensterpartien). Neben Tw 18 waren auch mindestens Tw 22 (einer der beiden Niederflurwagen Tw 21 und 22; dieser mit Trennstreifen) und ein Ex-Liegnitzer Beiwagen mit diesem Farbkleid ausgestattet, vermutlich auch Tw 16. Anfang der 50er Jahre war dann aber rasch wieder das bisherige Erscheinungsbild wiederhergestellt.
Die Gesellschaftsbezeichnung nimmt nicht direkt Bezug auf den Fluss Ennepe, dessen Verlauf die Bahn über weite Teile der Strecke folgte. Weil keine größere Stadt (von Gevelsberg mal abgesehen, das aber damals auch nur 15 Tsd. Einwohner zählte) berührt wurde, orientierte man sich vielmehr an einer Bezeichnung, die das Tal von alters her führte: „Iämpestrote“ (mundartlich für „Ennepestraße“).
Die Bestimmung des Aufnahmezeitpunkts ist besonders knifflig: Die Hilfsschaffnerin in Zivilkleidung deutet zwar auf die Kriegsjahre hin, jedoch fehlen am Triebwagen die äußeren Merkmale der damals vorgeschriebenen Verdunkelung: Scheinwerferblenden und übermalte Fensterscheiben. Nach dem Krieg wurden die „Arbeitsmaiden“ dagegen recht bald von den heimkehrenden männlichen Kollegen wieder verdrängt. Der Reichsarbeitsdienst als Träger der Einsätze wurde schon im Oktober 1945 per Gesetz verboten und aufgelöst. Leider ist keine Werbung zu erkennen, die sonst oft bei der zeitlichen Einordnung hilft. Vielleicht hat die junge Frau den Geldwechsler auch nur zum Spaß umgehängt?
Auch wenn offensichtlich ein Amateur das Bild „geschossen“ hat, strahlt es doch eine gewisse Dynamik aus. Immerhin hebt es sehr schön das Fahrwerk des Wagens hervor, an dem wir z. B. Blattfedern und eine Magnetschienenbremse erkennen können. Wir interessieren uns für diese Details, weil die neun Wagen dieser Bauserie nach der Stilllegung in Ennepetal 1956 mit einigen anderen Fahrzeugen an die Wuppertaler Stadtwerke verkauft wurden und das Erscheinungsbild unserer Museumsstrecke bis zum Ende im Jahre 1969 mit geprägt haben.
Die gesamte Baureihe wurde in Wuppertal modernisiert und u. a. mit den markanten, allseits abgerundeten Führerstandsfenstern versehen. Tw 141 in unserer Sammlung erhielt außerdem eine Megi-Federung aus großen Metall-Gummi-Blöcken, die das Fahrgestell optisch deutlich verändert haben. Tw 136 behielt dagegen sein originales Fahrgestell und verbrachte ebenfalls viele Jahre in unserem Museum, bevor er an den Nachfolger der SGE – die Verkehrsgesellschaft Ennepe-Ruhr – abgegeben wurde, die das Fahrzeug wunderbar restauriert im Foyer ihrer Verwaltung in Ennepetal aufgestellt hat. Dort strahlt er als Tw 15 wieder im traditionellen Grün-Beige.
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