Letzte Woche haben wir Nizza einen Besuch abgestattet und eine Stadt angetroffen, die auch heute noch fast nur vom Tourismus lebt. Treffpunkte des internationalen Adels und neureicher nichtadeliger Prominenz gab es aber auch in Deutschland. Einige davon haben ihren Nimbus sogar bis in die Gegenwart retten können.
Bad Homburg gilt nach wie vor als „Refugium der Reichen“, verdankt diesen Ruf aber vor allem seiner Nähe zu Frankfurt. Die Banker aus der deutschen „Hauptstadt des Geldes“ haben sich schon immer gern an den Hängen des Taunus niedergelassen. Allerdings hat es auch nicht geschadet, dass ab Mitte des 19. Jahrhunderts ein Kurbetrieb begann, zu dessen besonderem Anziehungspunkt die Spielbank wurde. Nach 1888 unterhielt sogar der deutsche Kaiser Wilhelm II. hier seine Sommerresidenz.
Selbst eine eigene Straßenbahn konnte Bad Homburg vor der Höhe (wie es vollständig heißt) seinen Gästen bieten. Sie erschloss von 1899 bis 1935 die Stadt der Länge nach und verfügte auch über einige kurze Zweiglinien. Sie verband Kliniken, Kurhotels und Ausflugsziele. Glanzstück war die „Überlandstrecke“ zum Römerkastell Saalburg, die als Bergbahn (max. Steigung 55,5 Promille) ausgebaut war. Da nach dem Ersten Weltkrieg die adelige Kundschaft ausblieb, endete 1935 der eigenständige Betrieb.
Dennoch gab es weiter Straßenbahnverkehr in der Stadt, denn ein Teil der Innenstadtstrecke (bis zum Markt) wurde zusätzlich von der Linie 25 der Frankfurter Lokalbahn AG (FLAG) bedient. Diese Verbindung gehörte 1971 zu den ersten Frankfurter Stadtbahnlinien. Die „U2“ verkehrt allerdings nur noch bis zum Stadtrand von Bad Homburg. Derzeit gibt es jedoch Pläne, wieder bis zum Bahnhof der Kurstadt vorzudringen.
Unser Bild zeigt einen Dreiwagenzug der Lokalbahn vor dem Kurhaus, wie es bis zum Zweiten Weltkrieg aussah. Mittlerweile steht hier schon die übernächste Gebäudegeneration von 1984. Hinter dem Kurhaus beginnt der Kurpark, in dem man nach einem kurzen Spaziergang die Spielbank erreicht, die immer noch von Gästen aus aller Welt besucht wird.
Der Triebwagen stammt aus dem Eröffnungsjahr 1910 und entspricht der FLAG-Serie 1 – 18, ihm folgen nahezu baugleiche Beiwagen (FLAG-Serie 51 – 72). Bemerkenswert ist die eigenartige Konstruktion des Stromabnehmers, der auf einer Art dreieckigem Untergestell eine parallelgrammförmige Konstruktion für die beiden Schleifstücke trägt. An diesem „Berliner Dreiecksbügel“ erkennt man allerdings die acht weitgehend baugleichen städtischen Triebwagen der Reihe „V“, denn die FLAG-Triebwagen waren mit zwei Lyrabügeln bestückt. Die städtischen Fahrzeuge der Reihen „V/v“ verkehrten im Gemeinschaftsverkehr auf der Linie 25 und waren auch speziell dafür ausgerüstet.
Nach der Anfangsphase wurde der Wagenpark bis zur Übernahme der FLAG durch die Frankfurter Straßenbahn im Jahre 1955 übrigens nur ein einziges Mal ergänzt: 1923 lieferte die Waggonfabrik Uerdingen einen vierachsigen Beiwagen mit niedrigem Mitteleinstieg, der sich aber nicht bewährte. Er ist heute im Museum Schwanheim zu besichtigen.
Das Zielschild des Motorwagens weist auch auf die Saalburg hin, wohin die FLAG-Züge aber nicht durchgefahren sind. Vielmehr gab es an der Endstation Marktplatz einen engen Übergang zur „Saalburgbahn“. Falls unsere Aufnahme nach 1935 entstanden sein sollte, stellt vielleicht der Bus der Linie 1 (rechts) den Anschluss her.
Die nördlichen Linien der FLAG waren abschnittsweise als Kleinbahn konzessioniert, deshalb tragen die Fahrzeuge Doppelscheinwerfer und Zugschlussscheiben. Die Doppelscheinwerfer fanden wir später sogar noch an einigen modernen Düwag-Gelenkwagen, die bis 18. Dezember 1971 die Kurstadt erreichten.
-gk- / Foto: Sammlung -gk