Berlin hat 1920 den Anfang mit einer Entwicklung gemacht, die 1929 auch das Tal der Wupper erfasste: Größere Städte wurden im Zuge einer kommunalen Neugliederung zu noch größeren Einheiten zusammengefasst. Als letztes entstand 1937 “Groß-Hamburg”. “Größere Städte” meint an dieser Stelle Gemeinwesen, die schon über ein ausgeprägtes Eigenleben und eine städtische Infrastruktur verfügten. Wenngleich Köpenick beim Übergang auf Berlin mit knapp 33 Tsd. Einwohnern nicht mit Barmen oder Elberfeld zu vergleichen war, so verfügte die Stadt damals doch schon über ein verzweigtes Straßenbahnnetz, dessen Struktur mit seiner Ausrichtung auf die Altstadt heute noch gut zu erkennen ist.
Die verwinkelten Durchfahrten durch enge Straßen überlebten sogar die Wende und fielen erst danach eifrigen Verkehrsplanern zum Opfer. Im Nachbarstadtteil Adlershof entstand eine der wenigen Berliner Neubaustrecken, so dass Köpenick jetzt über zwei Wege mit Schöneweide und dem restlichen Berliner Straßenbahnnetz verknüpft ist.
Zwischen Köpenick im Süden und den sozialistischen Großsiedlungen Marzahn und Hellersdorf im Norden liegt der alte Ort Mahlsdorf. Seine aufgelockerte Siedlungsstruktur ist geprägt durch das Leitbild der “Gartenstadt” und so dienten zahlreiche Gartenbaubetriebe viele Jahre lang der Versorgung der nahen Metropole mit Gemüse und Blumen.
Für den Verkehr erschlossen wird Mahlsdorf durch die “Ostbahn” nach Küstrin, auf der auch die S-Bahn nach Strausberg verkehrt. Die Bahnlinie durchschneidet den Ort in West-Ost-Richtung. Die (Ost-)Berliner Straßenbahnstrecken westlich und nördlich von Mahlsdorf wurden bekanntlich erst spät errichtet wurden, Hellersdorf gar erst 1991 erreicht. Von diesem Ausbau hat Mahlsdorf nicht profitiert.
Da fällt umso mehr ins Auge, dass stattdessen Köpenick schon früh von Süden her seine Fühler bzw. Gleise nach Mahlsdorf ausgestreckt hat. Die heutige Linie 62 wurde bereits 1907 eröffnet und wirkt durch ihre Länge im kompakten Köpenicker Netz fast schon wie eine “Interurban”, von den Köpenickern damals als “Wüstenbahn” geschmäht.. Sie durchquert zuerst das Bürgerwäldchen, dann Mahlsdorf-Süd und den alten Ortskern. Die eingleisige Strecke endet seit 1964 in der Treskow-Allee mit einer Schleife unterhalb der hochgelegenen S-Bahn-Strecke. Allerdings ergibt sich daraus ein 100 m langer Umsteigeweg zur S-Bahn, der immer wieder kritisiert wird.
2024 hat die BVG nun endlich ein Planfeststellungsverfahren beantragt, nach dem eine neue Endstelle direkt vor dem Bahnhofseingang die ungeliebte Schleife ablösen soll. Außerdem soll die eingleisige Strecke mit einem zweiten Gleis versehen werden, um einen 10-Minuten-Takt einführen zu können. Als “Zukunftsmusik” eröffnet die neue Endstelle schließlich die Option, durch Mahlsdorf-Nord hindurch den Anschluss an die Endstelle Hellersdorf zu suchen.
Unser Bild vom Juni 2015 zeigt Triebwagen 1590 auf der Fahrt von Mahlsdorf-Süd nach Köpenick auf Linie 62 zur Endstelle “Wendenschloß”. Ab der ehemaligen Köpenicker Stadtgrenze ist die Strecke in Mahlsdorf durchweg noch heute eingleisig, verläuft jedoch über große Strecken auf einem eigenen Bahnkörper neben der Straße. Hier am Hultschiner Damm in Mahlsdorf war dafür aber kein Platz – vielleicht ändert sich das ja in überschaubarer Zukunft?
Text und Foto: -gk-