KW17/2025 – Bremgarten: Individuelle Kulisse – Bahn “von der Stange”

Guido KorffBild der Woche

Die Schweiz war schon immer ein Paradies für Bahn-Fans, auch wenn die idyllischen Kleinstadt-Straßenbahnen mittlerweile ausgestorben sind. Dennoch gibt es noch auf vielen Relationen Schienenverkehr, und das überwiegend auf meterspurigen Gleisen. Trotzdem bleibt auch die Schweiz von den globalen Trends nicht verschont und die oft kleinen Bahnbetreibe haben sich in den letzten Jahren zu größeren Einheiten zusammengeschlossen. Damit geht leider die Vielfalt der Wagenparks und individuellen Lackierungen stark zurück, aber auch ein “Konzern” muss nicht langweilig werden. Unser Foto zeigt gleich zwei Lackierungsvarianten an einem modernen Wagentyp.

Die Bremgarten-Dietikon-Bahn bildet eine Querspange zwischen zwei Eisenbahnstrecken, die von Zürich und Rotkreuz bzw. Luzern ausgehen. Ursprünglich startete sie nach der Eröffnung am 01.Mai 1902 in Dietikon im Limmattal mit Anschluss an die heutigen Schweizerischen Bundesbahnen nach Zürich. Am anderen Ende war der Fluss Reuss ein zunächst unüberwindliches Hindernis. Die Aargauische Südbahn hatte sich von Wohlen her schon 1882 mit einer normalspurigen Stichstrecke ebenfalls Bremgarten genähert, verzichtete aber ebenfalls aus Kostengründen auf die Brücke. Um die etwa einen Kilometer lange Lücke zu überwinden, wurden die Fahrgäste auf die damalige Form des Schienenersatzverkehrs namens “Postkutsche” verwiesen. 1910 wurde die Brücke endlich gebaut, in den westlichen Streckenteil nach Wohlen eine dritte Schiene eingelegt und das Ganze mit 750 V elektrifiziert.

Im Jahre 2000 übernahm die BD die westlich von Wohlen aktive Wohlen-Meisterschwanden-Bahn, die im Personenverkehr gerade stillgelegt worden war. 2018 erfolgte die Fusion mit der Wynental- und Suhrentalbahn. Das Unternehmen firmiert heute als “Aargau Verkehr AG”.

Das Limmattal nördlich von Zürich ist nicht erst neuerdings ein stark wachsender Ballungsraum, der sich bis Baden (Heimat von BBC) erstreckt. Schon um die letzte Jahrhundertwende entstand die Limmattal-Straßenbahn, die Zürich mit Dietikon verband, weil auf der parallel verlaufenden SBB-Strecke kein attraktiver Nahverkehr angeboten wurde. Schon 1956 wurde der letzte Abschnitt eingestellt und durch Trolleybusse bis Schlieren, der Heimat der bekannten Wagons- und Aufzugfabrik (sic!), ersetzt. Diese Linie erlebte 2019 eine Renaissance als “Limmattalbahn”. Und obwohl die 13,3 km lange Strecke auf Zürcher Stadtgebiet reicht und die Linie 2 der VBZ bis zum Streckenkilometer 3,6 nach Schlieren verkehrt, setzte sich im Wettbewerb um die Betriebsführung die Aargau Verkehr AG durch. Hier mag ein gewisser Heimvorteil wirken, denn spätestens mit der angedachten Verlängerung nach Baden erfüllt die Strecke eine wichtige Verkehrsfunktion für den Kanton Aargau.

Auf der Limmattalbahn rollen “Tramlinks” des Herstellers Stadler, der in der Schweiz Heimvorteile genießt. Damit schließt sich der Kreis zur Zukunft der Vielfalt: Stadler entwickelt Standard-Modelle, die unter blumigen Namen vermarktet und in der Schweiz von fast allen Verkehrsbetrieben gekauft werden. Unser Bild zeigt das Modell “Diamant”, was für “Dynamischer, innovativer, attraktiver, moderner und agiler Nahverkehrstriebzug” steht. Die Frauenfeld-Wil-Bahn beschaffte eine um 8 m längere Version. Da Stadler auf eine optische Wiedererkennbarkeit seiner Produkte achtet, ist eine zunehmende Vereinheitlichung der Erscheinungsbilder der Schweizer Bahnen leider nicht zu vermeiden. Die wirtschaftlichen Vorteile von seriellen Typen sind allerdings nicht von der Hand zu weisen und retten vielleicht gerade dadurch manche kleine Bahn.

Text und Foto: -gk-