Auch die versierteren Straßenbahn-Fans werden eine Weile überlegen müssen, an welcher Stelle der Gelenktriebwagen hier gerade vorbeikommt. Die Linie 18 nach Schwelm war zwar durchgehend eingleisig, hatte aber nur an einer Stelle (Möllenkotten) einen engen Bogen und die Situation sah völlig anders aus. Die Lösung: Achtachser 8018 nimmt die Kurve vom Werth in die Rudolf-Herzog-Straße in Barmen. Diese Wendeschleife nahe der Werther Brücke wurde 1957 gebaut und ersetzte die Wendemöglichkeit am Haus der Jugend (ehemals Ruhmeshalle), nachdem ab dem 2. Juni 1957 die Talbahnlinien 1, 11 und 18 in beiden Richtungen über den neuen Bahnkörper in der Höhne fuhren.
Diese nur aus Richtung Alter Markt zu befahrende Wendeschleife wurde zu verschiedenen Zeiten genutzt. Ab 1960 z. B. von Wagen der Linie 1, wenn sie in der Schwachverkehrszeit nicht bis zur Weiherstraße fuhren. Oder ab 21. April 1963 von Zügen der Linie 8, die von Schwelm kommend nicht zu ihrer neuen Endstelle an den Barmer Krankenanstalten durchfuhren. Die auf der nach der Linienreform neu eingerichteten Linie 2E anfangs noch eingesetzten Zweiachser kehrten ebenfalls zeitweise an der Werther Brücke. Die Besonderheit bei der Linie 8 war dabei, dass diese Kurse von Heckinghausen her zunächst den Alten Markt ansteuern und anschließend die Höhne wieder ein Stück zurückfahren mussten.
Es gab neben dem regulären Linienverkehr etliche weitere Anlässe, die Schleife Werth – Rudolf-Herzog-Straße zu nutzen. Da waren z. B. kurzfristige, baustellenbedingte Umleitungen oder E-Wagen-Einsätze. Auch die Sonderwagen zum 100-jährigen Straßenbahnjubiläum am 10. April 1974 wendeten hier.
Was genau am 23. Juni 1963 Wolfgang Reimann diesen Glückstreffer in Gestalt eines Zuges der Linie 18 bescherte, wird sich vielleicht noch lösen lassen. Der Autor dieser Zeilen rätselt aber noch darüber. Die Zielbeschilderung “Wuppertal Barmen-Mitte” passt ja zur seinerzeitigen Verbindung Schwelm – Bhf. Barmen, allerdings kamen die Einrichtungszüge über die Berliner Straße nach Barmen; da wirkt die Benutzung der Schleife Rudolf-Herzog-Straße unplausibel.
Der Achtachser fährt gerade vor dem Haus Werth 87 vorbei, das 1908 im Jugendstil erbaut wurde – die verschiedenen Schmuckfiguren zeugen davon. Über dem Portal (hinter dem Stromabnehmer) illustrieren überdies vier fleißige Handwerker als Flachreliefs, dass hier seinerzeit eine große Bäckerei beheimatet war. Nach vielen anderen Nutzungen ist in dem Gebäude heute (wieder?) ein Café zuhause, das von der Stadtmission betrieben wird.
Vom Café zum Kaffee. Die Werbung an Tw 8018 für die Marke Kikuth, den Kaffee, den man “am liebsten” trinkt, verweist auf eine Großrösterei, die von der Gosenburg in Heckinghausen aus weite Teile des Bergischen Landes und des Sauerlandes mit den braunen Bohnen versorgte. Der starke Konzentrationsprozess in der Branche führte allerdings in der Mitte der 70er Jahre zur Geschäftsaufgabe.
Zum Schluss noch ein kleiner Tipp: Wo sich auf dem Bild das Ende des Achtachsers befindet, geht es heute zum Schwebodrom, in dem man eine virtuelle Streckenreise mit der Schwebebahn durch das Wuppertal der 30er Jahre erleben kann. Dazu aber mehr im nächsten Beitrag “Bild der Woche”.
Text: Bernhard Terjung / -gk- / Foto: Wolfgang R. Reimann