1938 kam es in Neviges zur Sichtung eines UFOs (Unbekanntes Fahrendes Objekt). Als Beweis mag das hier gezeigte Foto dienen, das natürlich qualitativ auch nicht besser ist als die diversen Aufnahmen von “Nessie” und anderen wundersamen Kreaturen und ihren Fortbewegungsmitteln. Es soll ja auch alles schön im Unklaren verbleiben!
Wir können aber bestätigen: Es kam zu Kontakten mit einigen kleineren Hindernissen im Fahrweg! An der bei Straßenbahnfans legendären “Windmüller-Kurve” in Neviges wusste man dem allerdings vorzubeugen, indem man dort vorher schon einen Teil der Fassadenverkleidung abmontiert hatte. Die Nevigeser Bürger werden nicht schlecht gestaunt haben, als dieses seltsame Gefährt ihren Ort besuchte, waren jedoch vorgewarnt, denn die Passage wurde von einer ganzen Meute Reportern begleitet.
Lüften wir aber erst einmal das Geheimnis des Fahrzeugs: Es handelt sich um den sog. “Montos-Wagen” der “Süddeutschen Eisenbahn-Gesellschaft”, wie die Essener Straßenbahn damals noch hieß. Unter der Nr. 505 war dort ein Versuchs-Fahrzeug (kurz benannt nach seinem tschechischen Erfinder Montrose-Oster) entstanden, dass die heutigen Niederflur-Konzepte vorwegnahm. Mit 38 cm Einstiegshöhe und durchgehend flachem Fußboden war der Wagen seinen Zeitgenossen um Lichtjahre voraus. Wo Licht ist, findet sich allerdings auch Schatten: Abgesehen davon, dass sich die Technik insgesamt wohl nicht bewährte, stellte der Wagen extreme Anforderungen an die befahrene Gleislage. Das seinerzeitige Niederbergnetz dürfte den Begleitern deshalb zahlreiche Schweißperlen auf die Stirn gezaubert haben!
Und wohin war der Montos-Wagen unterwegs, als er die Bürger in Neviges erstaunte? Im November 1938 fand in Düsseldorf im Rahmen einer dreitägigen Tagung des Verbandes öffentlicher Verkehrsbetriebe eine Leistungsschau der deutschen Straßenbahn-Industrie und -Betriebe statt. Zu den Exponaten gehörten neben normalspurigen Fahrzeugen auch sieben – genauer: acht – meterspurige Wagen, die in Düsseldorf-Benrath auf einem Gleisabschnitt der Rheinbahn-Meterspurlinien präsentiert wurden. Der Montos-Wagen und ein “Zwillingswagen” aus Essen reisten auf der Schiene an. Von dort aus bestand damals noch ein durchgehender Schienenstrang bis Benrath, der u. a. über Remscheid – Wermelskirchen – Burg führte. Der große Achsstand des Montos-Wagens von 6,30 m hätte beim Weg über Burg aber Probleme bereitet, so dass stattdessen die Route über die heutige Museumsbahn gewählt wurde. Am Mühlenplatz in Solingen musste dann ein Klettergleis die dort bestehende Gleislücke überbrücken.
Am Ende der Schau in Benrath bewegte sich der Konvoi natürlich auch retour nach Essen. Der Montos-Wagen wurde in seiner Heimatstadt 1943 von Bomben zerstört – der Komet am Straßenbahn-Himmel war endgültig verglüht.
-gk- / Foto Sammlung Klaus Sieper in der Sammlung der BMB
Hinweis: In der “Haltestelle” Nr. 50 hat Klaus Sieper 1987 über diese abenteuerliche Reise berichtet und einen zeitgenössischen Pressebericht darüber zitiert. Die genannte Ausgabe der “Haltestelle” ist zum Nachlesen in unserem Archiv auf dieser Website verfügbar.
PS: Zu der Wagenausstellung in Düsseldorf gab es einen Katalog. Der Nachdruck ist noch in einigen Exemplaren in der BMB-Bücherstraßenbahn zum Kauf verfügbar!