KW10/2022 – Fukui: Straßenbahnen im Exil (3)

Guido KorffBild der Woche, Uncategorized

Das “Bild der Woche” zeigt diesmal nicht nur ein einzelnes Motiv, sondern eine Montage aus gleich zehn separaten Fotos.

Mit dem vorigen Bild der Woche haben wir den Straßenbahn-Gelenktriebwagen 735 der fast schon legendären Stuttgarter Baureihe GT4 von außen vorgestellt, wie er heute in der japanischen Stadt Fukui seine Runden dreht. Jetzt werfen wir einen Blick in seinen Innenraum.

Um den Fahrgästen bewusst zu machen, dass es sich bei dieser Straßenbahn um ein Fahrzeug aus Deutschland handelt, wurden nicht nur die originale deutsche Beschriftung, der Stuttgarter Liniennetzplan von 1987 und die Reklame belassen, sondern auch deutsche Flaggen und ein kleiner Deutschkurs in Form von Aufklebern über den Fenstern und in den Dachwölbungen angebracht. Da auch die Inneneirichtung dieser als „Retram“ bezeichneten Straßenbahn weitgehend im Originalzustand belassen wurde, vermittelt die Bahn noch den Original-Charme der 1960er Jahre.

Neben dem jeweiligen Wort in deutscher Sprache zeigen die Aufkleber des Deutschkurses die jeweilige Übersetzung in japanischer Kanji-Schift (Logogramme) und darunter in Katakana-Schrift (Silbenschrift).

Offensichtlich hat man bei der Übersetzung der Wörter aus dem Japanischen jedoch keinen deutschen Muttersprachler konsultiert, da bei der Übersetzung einiges schief gelaufen ist und so finden sie dort etliche deutsche Worte in einer „unüblichen“ Schreibweise. Bei den Monatsnamen waren einige der Übersetzungen anscheinend sogar so sehr “verunglückt”, dass man sich später für das Abdecken entschieden hat.

Neben alltäglichen Begriffen, wie „Guten Tag“, „Vater“ und „Liebe“ wird auch Fach-Vokabular vermittelt, so zum Beispiel „Fahrer“ und „Straßenbahn“.

Es ist bemerkenswert, dass die Japaner, die schon historisch drei Schriftarten parallel verwenden – Kanji (mit den chinesischen verwandte Schriftzeichen), Hiragana und Katakana (v. a. für ausländische Begriffe) – seit dem zweiten Weltkrieg auch noch lateinische Buchstaben in ihren Alltag übernommen haben. Viele bedeutende Produktmarken werden ausschließlich mit den uns bekannten Zeichen beschriftet, seien es nun SONY oder TOYOTA – aber eben auch die Niederflur-Tram, die in Fukui “FUKURAM” heißt.

Für Reisende aus Europa sind die zahlreichen Hinweistafeln in lateinischer Schrift sicher hilfreich; es bleibt aber offen, wie weit diese “Verwestlichung” tatsächlich unter die Oberfläche eingesickert ist.

Carsten Kossow / Foto: Carsten Kossow