Weil sie derzeit in aller Munde sind, wollen auch wir nicht zurückstehen, sondern ein Seilbahnprojekt vorstellen. Es sollte von Rhöndorf zur Löwenburg – einem der sieben Berge des Siebengebirges – führen, blieb aber ein Traum.
Seit 1883 befördert die Drachenfelsbahn Touristen auf den gleichnamigen Berg. Seine Anziehungskraft hat Königswinter viele Jahrzehnte lang zahlreiche Gäste und gute Geschäfte beschert. Von oben hat man einen wunderbaren Ausblick auf den Rhein – und auf Rhöndorf.
Der Neid der Rhöndorfer blieb nicht aus und so startete der Rhöndorfer Bäckermeister und CDU-Stadtrat Peter Profittlich eine Initiative, mit der man sich ein Stück vom Kuchen abschneiden wollte. Es begann 1950 mit einem Aprilscherz in der Honnefer Volkszeitung. Kurz darauf wurde daraus ein veritabler Plan, den Drachenfels auch von Süden touristisch zu erschließen. Verschiedene örtliche Fabrikanten waren sofort bereit, das Vorhaben finanziell zu unterstützen.
Sie alle hatten aber die Rechnung ohne den „Alten“ gemacht. Der erste Bundeskanzler der deutschen Republik, Konrad Adenauer, hatte sein Domizil in Rhöndorf aufgeschlagen, nachdem er als Kölner Oberbürgermeister entlassen und aus Köln verbannt worden war. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte er in der neugegründeten CDU rasch Karriere gemacht und war 1949 mit knapper Mehrheit zum Bundeskanzler gewählt worden.
Da ihm touristischer Rummel missfiel, nutzte er seinen Einfluss und seine Kontakte gegen die Seilbahn. Ein Zitat: „Ich habe es nicht gern, wenn der Südhang des Drachenfels durch eine Seilbahn beunruhigt wird. Bitte teilen Sie dies den Fraktionen mit.“
Peter Profittlich ließ sich aber nicht die Butter vom Brot nehmen und stellte sich dem Zweikampf mit seinem Partei“freund“ Konrad Adenauer. Selbst die ausländische Presse berichtete mit Vergnügen über die Provinzposse. Als 1953 der Honnefer Stadtrat die Bahn tatsächlich genehmigen wollte, sprach der „Alte“ ein Machtwort und die Sache wurde abgeblasen.
Profittlich gab aber noch nicht auf und trat 1959 erneut an die Öffentlichkeit. Er wollte das schwere Unglück der Drachenfels (14. September 1958; 18 Tote) für seine Pläne nutzen. Dazu entwickelte er eine größere Variante, zu der wir auf unserem Bild ein Modell sehen.
Unten rechts liegt Rhöndorf; die blaue Bildecke lässt den Rhein erahnen. Die Talstation (mit rotem Dach) liegt am zentralen Rhöndorfer Ziepchesplatz – genau gegenüber von Profittlichs Café. Die Bahn lässt aber den Drachenfels links liegen und steuert stattdessen den benachbarten Gipfel der Wolkenburg an, wo in eine zweite Sektion umzusteigen wäre. Deren „Langstrecke“ führt dann zur Flanke der Löwenburg, die auch eine attraktive Burgruine vorzuweisen hat. Die Aussicht von dort ist außerdem mit der vom Drachenfels mehr als konkurrenzfähig!
Kaum war die neue “Studiengesellschaft Seilbahn Rhöndorf” angekündigt, machte wenige Tage später der NRW-Wirtschaftsminister kurzen Prozess: “Die Bahn wird nicht genehmigt.” Er hatte wohl einen Anruf aus Rhöndorf erhalten…
Das abgebildete Modell kann heute noch in der oberen Gaststube des Café Profittlich angeschaut werden. Peter Profittlichs Enkel brachte das Konzept sogar für die geplante Landesgartenschau 2020 in Bad Honnef wieder ins Gespräch. Der Zuschlag für die LAGA ging zwar an eine andere Stadt, aber Honnef will sich erneut bewerben…
Postskript: Auch in Bonn bewegt ein Seilbahn-Projekt die Gemüter. Es soll die Uni-Kliniken auf dem Venusberg mit Dottendorf (Endpunkt der SL 61 und 62) verbinden und danach den Rhein überqueren. Bedauerlich nur, dass hier kein echtes Verkehrsbedürfnis vorliegt, sondern die Freihalte-Trasse einer ungeliebten Autobahn mit Masten vollgestellt werden soll.
-gk- / Foto: -gk-