KW08/2023 – Takaoka: Eine Tram für Katzenfans

Guido KorffBild der Woche

Süsse Katzenvideos sind der Hit in den sog. “Social Media”. Besonders verrückt danach sind die Japaner, die Katzen – oder katzenähnliche Kreaturen – besonders lieben. Diese Unterscheidung ist wichtig, denn bei Doraemon, dem die hier abgebildete Tram gewidmet ist, handelt es sich um einen Roboter aus dem 22. Jahrhundert, der nur zur Tarnung wie eine Katze aussieht und in die Gegenwart geschickt wurde, um einen kleinen Jungen zu beschützen. Die Manga-Serie und die zugehörige Anime-Umsetzung sind im Land seit ihrer Veröffentlichung zu Beginn der 70er Jahre immer noch sehr beliebt.

Ähnlich futuristisch wie der kleine Roboter wirken die sechs Niederflurwagen des Typs MLRV 1000 auf dem Gelände des Betriebshofs der Straßenbahn Takaoka im Nordwesten Japans. Die Wagen wurden 2004 beschafft und gehören zu den modernen Kurz-Gelenkwagen verschiedener Typen, die in Japan mittlerweile weit verbreitet sind. Die MLRV 1000 sind 18,40 m lang und sollen bis zu 120 Personen (nur 24 Sitzplätze) befördern können. Nahezu jeder Verkehrsbetrieb besitzt einen oder wenige dieser Wagen, weil die Anschaffung von Bahnen mit erleichtertem Einstieg vom Staat gefördert wird.

Die etwas schrille Außengestaltung trägt in Takaoka aber nur Wagen 1004, die anderen Fahrzeuge der Serie sind in einem kräftigen Rot lackiert. Im Wageninneren von 1004 setzt sich das poppige Design allerdings fort. In einem Land, das noch stärker als Deutschland unter der Überalterung der Bevölkerung leidet, finden sich im öffentlichen Raum viele Beispiele für den Einsatz von Anime-Figuren, die sich an Kinder wenden, Straßenbahnen sind da keine Ausnahme.

Der links sichtbare ältere Wagen ist keineswegs ein Oldtimer, sondern gehört zur zweiten großen Serie des Verkehrsbetriebs und stammt aus der zweiten Hälfte der 60er Jahre. In Japan sind große Vierachser vorherrschend und Beiwagen, aber auch Wendeschleifen, eigentlich unbekannt.

Die Türanordnung des Gelenkwagens – Japan hat Linksverkehr – entspricht ebenfalls dem Standard: Einstieg in der Mitte (bei manchen Typen auch hinten) und Ausstieg vorn beim Fahrer. Dort wird auch das Fahrgeld entrichtet. Die Münzen nimmt ein Automat in Empfang, der auch das Wechselgeld ausgibt. Der Fahrer beobachtet den Vorgang nur, bedankt sich aber artig bei jedem Fahrgast! Da die meisten Straßenbahnbetriebe in Japan privatrechtlich organisiert sind, sieht man in jedem Fahrgast den Kunden – und nicht nur den “Beförderungsfall”!

Alle Straßenbahnwageen im Land sind relativ kurz, um die sonst vorgeschriebene Besetzung mit einer Begleitperson zu vermeiden. Aus dem gleichen Grund trifft man auch nur sehr selten auf Gelenkbusse. Zum Ausgleich verkehren die kleineren Fahrzeuge allerdings häufiger und der Bedarf an Fahrern zehrt die Einsparung bei den Schaffnern kopfzahlmäßig sicher wieder auf.

Die Stadt Takaoka (165.000 Einwohner) verfügt erst seit 1948 über eigene Straßenbahnen. Die heutige, einzige Linie (12,8 km, Spurweite 1.067 mm) entstand am äußeren Ende 1930 als Teil einer  Überlandbahn von der Nachbarstadt Toyama herkommend und wurde erst 1951 mit dem neuen städtischen Betrieb verbunden. 1966 musste die Anbindung an Toyama gekappt werden, um Platz für einen neugebauten Hafen zu schaffen.

Text und Foto: -gk-