KW08/2019 – Mannheim: OEG – eine “Kreisbahn” der besonderen Art

Guido KorffBild der Woche

Grund für die Auswahl dieses Bildmotivs war der „Eilzug“ vorne rechts, der um 1930 vor dem Hauptbahnhof der ehemaligen badischen Residenzstadt Mannheim auf seinen nächsten Einsatz wartet.

Die sog. „OEG-Halbzüge“ sind auch bei den Fans im Bergischen Raum sehr beliebt, weil sie an die „Wüstenschiffe“ der Barmer Bergbahn erinnern. Diese massigen Mitteleinstiegswagen haben bis zum Zweiten Weltkrieg auch unsere Museumsbahn befahren, bevor sie im Niederbergischen nur noch kurze Zeit ihr Gnadenbrot fanden und danach als „Splitterbauart“ ausgemustert wurden.

Die „Oberrheinische Eisenbahn-Gesellschaft AG“ (OEG) war natürlich keine „Kreisbahn“ im üblichen rechtlichen Sinne, denn dieser Begriff spielt auf die Eigentümerrolle von Landkreisen bei ländlichen Kleinbahnen an. Die OEG startete dagegen auf Initiative von Herrmann Bachstein als Teil der Süddeutschen Eisenbahn-Gesellschaft AG“ (OEG) und geriet schon bald unter die Kontrolle der Stadt Mannheim, die Hugo Stinnes und seinem RWE als neuem Hausherren bei der SEG nicht traute.

Die OEG war allerdings auch aus anderen Gründen keine Kreisbahn. So umschreibt die heute 55 km lange Strecke eher ein ausgeprägtes Dreieck als einen Kreis. Selbst der Verkehr war viele Jahrzehnte nicht durchgehend. Zwischen den beiden Mannheimer Endbahnhöfen klaffte anfangs eine Gleislücke, die zwar schon 1892 geschlossen, aber nicht für Personenzüge genutzt wurde. Später sorgte die langwierige Elektrifizierung (1915 begonnen) für verschieden traktionierte Teilstrecken. Erst 1956 war der Fahrleitungsring elektrisch geschlossen.

Die am längsten offen gebliebene Lücke war der östliche Schenkel des Dreiecks. So konnte von Mannheim schon 1915 nach Weinheim und 1929 nach Heidelberg elektrisch gefahren werden. Beide Schnellverbindungen endeten seitdem zentral auf dem Bahnhofsvorplatz. Daraus können wir schließen, dass unser Bild nach 1929 entstanden ist, denn der Halbzug soll nach Heidelberg fahren.

Das hier sichtbare Bahnhofsgebäude von 1876 wurde im Krieg zwar beschädigt, aber wieder aufgebaut. Vorschlägen zur Verlegung ist die Stadt nicht gefolgt. Die Gebäude rund um den Vorplatz sind dagegen heute komplett verschwunden. Straßenbahnen, die vom Schloss kommen (im Hintergrund), biegen aktuell schon in die Straße gegenüber dem Hauptportal ab, die deutlich verbreitert wurde. Den Warteplatz der Straßenbahnen bevölkern heute noch mehr Taxen als damals und ein paar Omnibusse.

Für den Verkehr nach Heidelberg beschaffte die OEG 1928 insgesamt 21 Halbzüge, die aus je einem vierachsigen Trieb- und Steuerwagen bestanden. Wie der Begriff „Halbzug“ andeutet, war auch der Betrieb mit vierteiligen “Ganzzügen” vorgesehen. Zwei Halbzüge sind museal erhalten (in Mannheim und Hannover). Der Zug 45/46 in Mannheim befand sich einige Jahre im DGEG-Museum in Viernheim und kehrte nach dessen Schließung zur OEG zurück.

Der Halbzug trägt heute eine dunkelgrüne Lackierung mit goldenen Zierstreifen, die schon sehr stark an unsere „Wüstenschiffe“ erinnert. Vielleicht wäre das ja mal ein Wunschfahrzeug für unsere jährliche Mitgliedersonderfahrt?

-gk- / Foto: Sammlung -gk