Wurden früher Planungen schneller umgesetzt? Wir ärgern uns oft über die langen Planungs- und Umsetzungszeiten von Großprojekten in der Gegenwart und im Rückblick scheint früher vieles schneller gegangen zu sein. Da ist es interessant, sich einmal mit dem Ausbau der Bundesstraße 7 (B 7) in der Elberfelder Innenstadt zu beschäftigen, besonders im Hinblick auf den Straßenbahnverkehr.
Um Verständnis für den Ausbau nach dem Zweiten Weltkrieg zu bekommen, muss man sich kurz die Verkehrsgeschichte Elberfelds vor Augen halten. Die Verkehrssituation in den engen Innenstadtstraßen von Elberfeld und Barmen beschäftigte die Stadtplaner schon sehr früh. Die 1874 eröffnete Pferdebahn (elektrischer Betrieb ab 1896) schlängelte sich durch Einbahnstraßen durch die Stadt. Letztlich war der Bau der Schwebebahn auch eine Antwort auf den unbefriedigenden Straßenbahnverkehr Ende des 19.Jahrhunderts. Nach dem Ersten Weltkrieg verschärfte der aufkommende PKW-Verkehr die Situation. 1923 wurde im Generalbebauungsplan der Stadt Elberfeld eine Nordumgehung zur Entlastung der Innenstadt vorgeschlagen. 1936 folgten erstmals Überlegungen für eine breite Talstraße durch die Elberfelder Innenstadt. Noch kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges (1939) wurde ein „Städtebaulicher Wettbewerb“ ausgeschrieben, der insbesondere die verkehrliche Situation des Wuppertales verbessern sollte. Der Gewinner des Wettbewerbs legte bereits die heutige Streckenführung der B 7 fest. Die Realisierung hätte aber den Abriss zahlreicher Häuser erfordert. Wo immer möglich, erwarb die Stadt schon die notwendigen Grundstücke. Die Bombardierung Elberfelds im Mai und Juni 1943 verwandelte die Innenstadt in großen Teilen in Trümmer. Bereits 1944 wurde ein Wiederaufbauplan erstellt, der erneut eine breite Talstraße durch Wuppertal vorsah. 1947 beschloss der Stadtrat dann den Ausbau der B 7.
Wie bereits eingangs erwähnt, musste die Pferdebahn über schmale Einbahnstraßen die Elberfelder Innenstadt durchqueren. Lediglich in Fahrtrichtung Barmen lag eine Haltestelle in unmittelbarer Nähe der Schwebebahn und des Elberfelder Bahnhofs. Diese Streckenführung wurde für die Normalspur im Wesentlichen bis zum Ausbau der Bundesstraße 7 beibehalten. Zwar liefen die Meterspurlinien von Süden kommend (Ronsdorf, Cronenberg, Ravensberger Straße, Viehhof) auf den Bahnhofsvorplatz zu und unterquerten die Schwebebahn am Döppersberg, kreuzten auch die Normalspurlinien und teilten sich dann am Elberfelder Rathaus in Richtung Grenze Jagdhaus und Dönberger Straße. Es gab aber dennoch keine zentrale Umsteigehaltestelle in der Elberfelder Innenstadt zwischen Eisenbahn, Schwebebahn und den wichtigen Straßenbahnlinien auf der Talsohle. Die Haltestellen lagen mehr oder minder verstreut in der Innenstadt. Mit dem Bau der B 7 sollte die Chance genutzt werden, einen zentralen ÖPNV-Verknüpfungspunkt zu schaffen. Da die bisherige Straßenverbindung vom Bahnhof in die Innenstadt (Poststraße) überwiegend in eine straßenbahnfreie Fußgängerzone umgewandelt werden sollte, mussten die von der Stadthalle kommenden Meterspurstrecken (die Ronsdorfer Linie wurde bereits 1953 stillgelegt) eine neue Streckenführung durch die Innenstadt bekommen. Statt durch die Straße Wall fuhren die Bahnen künftig durch die Morianstraße, was den Bau der Straßenbahnrampe erforderte. Anschließend wurde auf der B 7 der Gleiskörper der Normalspur gebaut und schrittweise in Betrieb genommen. Neben der Haltestelle der Meterspurstrecke entstand die Haltestelle der Normalspurlinien. Direkt am Ufer der Wupper und vor dem Bundesbahnhof kamen noch Bushaltestellen dazu. Zusammen mit dem Fußgängertunnel unter der B 7 gab es jetzt eine zentrale Haltestelle in der Innenstadt.
Das Foto zeigt die am 20. Dezember 1959 in Betrieb genommene Straßenbahnrampe. Das nicht datierte Foto zeigt einen Zwischenstand in der Umgestaltungsphase der Innenstadt. Die Richtungshaltestelle nach Norden ist vorübergehend vor der noch im Bau befindlichen Fußgängerunterführung angelegt, im Hintergrund erkennen wir links die Bundesbahndirektion und in der Mitte die Stadthalle. Die Meterspur fährt bereits, vom Gleiskörper der Normalspur und den Straßenfahrbahnen ist noch nicht viel zu sehen. Da die Normalspurlinien die neue Haltestelle in Richtung Barmen ab 09. Juni 1962 und in Richtung Robert-Daum-Platz ab 27. August 1966 befahren haben, müsste das Foto also Anfang der 60er Jahre entstanden sein. Die Rampe selbst wurde von der Meterspur nur knapp elf Jahre befahren, danach diente sie den Bussen noch als Busspur Richtung Stadthalle. Meter- und normalspurige Straßenbahnen begegneten sich an dieser Stelle also nur etwa vier Jahre lang – danach war das geplante Verkehrskonzept bereits wieder Geschichte!
Der damalige Oberbürgermeister Robert Daum äußerte 1947 aus Anlass des Grundsatzbeschlusses zum Ausbau der Talstraße:
“Damit haben wir wohl eine 20jährige Planungsarbeit zum Abschluss gebracht, die zeitweise größenwahnsinnig gewesen ist, heute aber auf ein normales Maß zurückgeführt wurde. Ich will dabei dem Wunsch Ausdruck geben, dass wir alle noch möglichst viel von der Durchführung dieser Talstraße erleben möchten. Sie voll zu erleben ist, glaube ich, keiner in diesem Kreise jung genug.”
In der Tat: Kaum ein Stadtverordneter hat die endgültige Fertigstellung der Straße erlebt. Je nachdem, was man dem Ausbau der Bundesstraße 7 zurechnet, wird in der Regel der Anfang der 70er Jahre als Ausbauende angegeben. In dieser Zeit wurde auf die Verbreiterung der Friedrich-Engels-Allee verzichtet. Über vierzig Jahre brauchte man also von den ersten konkreten Überlegungen bis zur Fertigstellung. Natürlich muss man hier die Kriegszeiten im Auge behalten, die einerseits die Umsetzung verzögerten, andererseits durch die Bombenschäden aber auch die großen Straßendurchbrüche in der Innenstadt „erleichterten“. Aus den ursprünglich geplanten Baukosten in Höhe von ca. 50 Millionen DM wurden später fast 200 Millionen DM. Inflation und unvorhergesehene Dinge gab es also auch schon in den 50er und 60er Jahren.
Uwe Graef/ Foto: Manfred Funk