Ein wunderschönes Landschaftsfoto der Wuppertaler Linie 6 ist diesmal das “Bild der Woche”. Klaus Sieper hielt am 24. Juli 1960, drei Jahre vor der Stilllegung, dieses Motiv an der Haltestelle Lüdorfstraße der Linie 6 zum Hatzfelder Wasserturm fest. Man fühlt sich in eine ruhige, erholungsreiche Gegend versetzt. Doch das stimmt nicht ganz!
In Wuppertal hatte es mehrere sehr schöne, idyllisch gelegene Strecken gegeben. Erinnert sei nur an die Überlandlinien im Niederbergnetz, an die Waldstrecke in Ronsdorf und natürlich an unsere eigene Museumsbahn im Kaltenbachtal. Auch zu den Barmer Nordhöhen gab es eine solche Strecke. Insgesamt 44 Jahre fuhr die Linie 6 hinauf nach Hatzfeld. Das Bild zeigt einen der Weyer-Wagen Nr. 219 bis 224 mit dem Baujahr 1914. Aufgrund des „bulligen“ Aussehen erhielten sie schnell den Spitznamen „Dickköppe“.
Zusätzlich bestand noch viel länger (bis 1980) die elektrische Kleinbahn für den Gütertransport zu den dortigen Firmen. Wichtiger Kunde bis zum Ende des Güterbetriebes blieb die Lackfabrik Dr. Kurt Herberts. Deren Anschlussgleis lag unterhalb der Haltestelle Lüdorfstraße und der wirtschaftliche Erfolg des Unternehmens beruhte auch auf der Zusammenarbeit mit vielen Bahnunternehmen. Am Anfang stand die bescheidene Firnis- und Lacksiederei des Großvaters Otto Louis Herberts an anderer Stelle. Er produzierte Kutschen-, Dekorations- und Fußbodenlacke. Sein Sohn Walter Herberts entwickelte die sogenannten „englischen Lacke“ für den Lokomotiv- und Waggonbau. Danach kamen schnelltrocknende Lacke auf den Markt. Die Eisen- und Straßenbahnwerkstätten griffen sofort zu. Dr. Kurt Herberts schuf dann in seiner eigenen Firma am Christbusch 1928 ein neues revolutionierendes Lackierverfahren auf der Basis einer Nitro-Zellulose-Kombination und Kunstharz. Es löste die zeitraubende Öllackierung speziell im Waggon- und Fahrzeugbau ab.
Aufgrund der rasanten Nachfrage entstand dann ab 1938 am Streckenverlauf der Linie 6 das Werk II auf einem Areal von 270.000 m². Für Rangierzwecke auf den 1,7 km langen eigenen Gleisen mit 6 Weichen verfügte man ab 1944 über den Tw 645 der Wuppertaler Bahnen, der später durch Dieselloks abgelöst wurde.
Heutzutage erinnert man sich nicht nur an die Linie 6, sondern es ist auch auf deren früheren eigenen Gleiskörper – wie schon mehrfach in Wuppertal – ein Radweg geplant – mit Vorbeifahrt an der früheren Haltestelle Lüdorfstraße!
Mehr zur Linie 6 im BMB-Magazin „Haltestelle“ 126 November 2018 im Beitrag von Bernhard Terjung und zum Güterverkehr im Buch „Straßenbahn und Güterverkehr zwischen Rhein, Ruhr und Wupper“ von Wolfgang R. Reimann.
Text: Michael Malicke / Foto: Klaus Sieper