Von einem Schloss im Herzen Düsseldorfs wissen wir nur noch aus Geschichtsbüchern; 1896 ist der Rest der Brandruine abgebrochen worden. Da könnte der unbefangene Düsseldorf-Besucher auf die Idee kommen, dass die repräsentative Königsallee, weithin als „Kö“ bekannt, zu dem nicht mehr vorhandenen Gebäude hingeführt haben könnte. Der gedachte Standort wäre dann im Hofgarten etwas westlich der Stelle gewesen, die nach dem Zweiten Weltkrieg von der großen Straßenbahn-Wendeanlage „Jan-Wellem-Platz“ eingenommen wurde.
Daran ist mindestens zweierlei falsch:
• Erstens: Das Territorium, das von Düsseldorf aus verwaltet wurde, war das „Herzogtum Berg“, das dem „Bergischen Land“ seinen Namen gegeben hat. Wie der Titel schon sagt, war es kein Königreich. Ein König hatte erst dann das Sagen, als das Gebiet nach den napoleonischen Kriegen ein Teil Preußens wurde. Vor 1814 wäre eine „Königsallee“ also eine Art Amtsanmaßung gewesen.
• Zweitens: Die breite Anlage, die eigentlich zwei komplette Straßen rechts und links eines Wassergrabens umfasst, entstand erst zwischen 1802 und 1804, als die bergischen Herrscher längst von Napoleon abgesetzt worden waren. Sie folgt den ehemaligen Festungsmauern der Stadt, die nach französischem Willen geschleift werden mussten.
• Drittens: Die Allee hieß anfangs schlicht „Neue Allee“, später dann Mittelallee und Kastanienallee. Zur „Königsallee“ wurde sie erst 1851, um Friedrich Wilhelm IV. von Preußen gnädig zu stimmen, der bei einem Besuch in der Stadt auf dieser Straße in seiner Kutsche mit Pferdeäpfeln beworfen worden war. Damit ist der Punkt „Erstens“ zwar widerlegt, aber das Schloss hatte trotzdem – wir wir ja schon wissen – nicht hier, sondern am Rheinufer gestanden.
Wenn auch sehr repräsentativ war, war die „Neue Allee“ doch eine sehr bürgerliche Angelegenheit und die neue Pferdebahngesellschaft vermutete deshalb genau hier ein zahlungskräftiges Publikum. Im Februar 1876 gehörte folglich die Strecke über die Königsallee zu den ersten Linien des neuen Verkehrsmittels. Sie verlief auf der Ostseite mit den vielen Geschäften.
Auf unserem Bild sehen wir einen Straßenbahnzug, der aus der Schadowstraße kommt, und die Kreuzung mit den Gleisen in der Königsallee gerade hinter sich gelassen hat. Er wird auf Linie 16 über Oberkassel nach Neuss weiterfahren. Nachdem er die Südseite des Kaufhof –Komplexes passiert hat, stößt er am Wilhelm-Marx-Haus auf die „Alleestraße“ (seit 1963 Heinrich-Heine-Allee). Statt geradeaus der Flinger Straße zum ehemaligen Schloss zu folgen, wird er jedoch rechts abbiegen und über die Alleestraße die Oberkasseler Rheinbrücke ansteuern.
Düsseldorf war einer der wenigen Verkehrsbetriebe in Deutschland, die Ende der 1930er Jahre noch Straßenbahnwagen in größerer Zahl beschaffen konnten bzw. durften. Die Düwag lieferte bis 1943 über 60 Stück der formschönen „Niederflurtriebwagen“, deren namengebende geringe Fußbodenhöhe durch das Außendesign aber nur vorgegaukelt wurde. Hinter den Türen verbargen sich also Trittstufen. Zu dem fünffenstrigen Beiwagen der Fa. Weyer aus den 20er Jahren bildet die glatte Karosserie des Triebwagens dennoch einen augenfälligen Kontrast.
Bei dem auf der Ansichtskarte erwähnten Corneliusplatz handelt es sich um die Grünanlage links am Bildrand, die sich entlang des Kaufhof bis zum Hofgarten erstreckt. Sie zerstört leider die Illusion, der rechts sichtbare Wassergraben in der Königsallee sei mit der Landskrone, dem See im Hofgarten, wie ein Kanal verbunden.
Bemerkenswert ist die Verkehrsinsel, die als Bahnsteig für die Trams Richtung Westen dient, während in Gegenrichtung direkt vom Bordstein aus zugestiegen werden kann. Man beachte auch die schöne Uhrensäule neben dem Kiosk an der Haltestelle. Das Rondell rechts bildet den oberen (nördlichen) Abschluss der Königsallee. Unterhalb der Ruhebänke liegt der „Tritonenbrunnen“, der zeigt, wie der griechische Meeresgott Triton einen wasserspeienden Fisch meuchelt.
Heute sieht man an dieser Stelle keine Straßenbahnen mehr. Die pflasterbündige Strecke durch die Königsallee wurde schon am 17. Mai 1955 durch eine neue Nord-Süd-Trasse durch die Berliner Allee ersetzt, die auf eigenem Bahnkörper angelegt wurde. Als 1962 der Jan-Wellem-Platz eröffnet wurde, wechselte auch die Straßenbahnstrecke durch die Schadowstraße auf die Nordseite des Cornelius-Platzes, wo sie bis zur Eröffnung der Wehrhahn-Linie verblieb. Das im Hintergrund sichtbare Stück der Schadowstraße wurde zur Fußgängerzone.
-gk- / Foto: Sammlung -gk
Quellen:
• Wikipedia
• Höltge, Dieter / Kochems, Michael: Straßen- und Stadtbahnen in Deutschland / Band 9: Niederrhein, Freiburg 2004