KW04/2025 – Riga: Ein Ort des Gedenkens

Guido KorffBild der Woche

Auch in Riga, der Hauptstadt Lettlands, gibt es eines dieser Hochhäuser im Stil des “Sozialistischen Klassizismus” der Stalin-Zeit. Es steht nur wenige Meter hinter dem Hauptbahnhof. Von seiner Aussichtsplattform hat man auch einen guten Blick auf die Straßenbahnstrecke nach Kengarags, die im Regelfall von den Linien 3, 7 und 9 befahren wird. Da sich ganz in der Nähe auch der größere der beiden Betriebshöfe (Nr. 3) befindet, kommen in kurzer Folge nicht nur die Tatra-Triebwagen der Typen T3A (moderniserte T3SU) und T3MR (modernisierte T6B5SU) hier vorbei, sondern auch Arbeitswagen und sogar die vor allem bei Touristen beliebte zweiachsige “Retro-Tram”. Die modernen Niederflurwagen vom Skoda-Typ 15T bzw. 15T1 waren hier zum Zeitpunkt der Aufnahme (August 2017) jedoch nicht anzutreffen, weil die Oberleitung damals noch nicht für den Betrieb mit Schleifstücken umgerüstet war.

Das besondere an dieser Aufnahme ist jedoch der braune Güterwagen mit dem gelben Dach. Er steht auf dem Gelände des “Museums des Rigaer Ghettos und des Holocaust in Lettland”. Das Museum wurde 2010 eröffnet und erinnert an das nahegelegene, ehemalige jüdische Stadtviertel, dessen Einwohner zu einem großen Teil von den Nationalsozialisten ermordet wurden. Die Aufschrift “Riga – Köln – Wien” auf der Stirnseite des Wagens weist darauf hin, dass hier zeitweise auch deutsche und österreichische Juden untergebracht waren.

Der Straßenbahnzug auf dem Bild besteht aus zwei Triebwagen, die in der seit vielen Jahren üblichen Traktion verkehren. Dabei ist bei dem hinteren Tw der Stangenstromabnehmer stets abgezogen. Bis 1990 wurden 62 Fahrzeuge dieses Typs beschafft, von denen später knapp die Hälfte (30 Wagen) modernisiert wurde. Die Bahnen fahren auf russischer Breitspur (1.524 mm) und sind mit 2,48 m auch breiter als z. B. die T6-Variante für Deutschland mit 2,20 m. Die durch die Niederflurwagen frei gewordenen älteren Tatras haben ihre zweite Heimat deshalb vor allem in der Ukraine gefunden, wo die russische Breitspur ebenfalls anzutreffen ist.

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