KW 43/2018 – Bad Honnef: Ein Bahnhof als „Visitenkarte“ der Stadt

Guido KorffBild der Woche

Zu der Zeit, als die meisten elektrischen Überlandbahnen entstanden, waren die miteinander verbundenen Ortschaften zumeist noch selbständige Gemeinden. Da verstand es sich von selbst, dass ein repräsentativer Bahnhof als „Statussymbol“ zum neuen Bahnanschluss dazugehörte. Häufig wurden die Bauten in regionalem Stil mit Fachwerk, Holzverkleidung und aufwändigem Zierrat ausgeführt.

Auf unserem „Bild der Woche“ sehen wir dagegen ein relativ modernes Gebäude im Stil des „Neuen Bauens“. Es steht an der Endstation der „Siebengebirgsbahn“ – oder genauer: der „Bahnen der Stadt Bonn und des Rhein-Sieg-Kreises“ (SSB) – in Bad Honnef. Es zeigt sich geradlinig gegliedert und eher schmucklos. Zu dieser Ausführung kam es, weil die elektrische Bahn ihren heutigen Endbahnhof erst relativ spät erreichte.

Die ersten Züge setzen sich zwar bereits am 18. Oktober 1911 von Beuel nach Oberdollendorf in Bewegung, der weitere Ausbau endete dann aber am 18. März 1913 erst einmal in Königswinter. Die Station in Königswinter befand sich damals allerdings ein Stück weit weiter südlich als der heutige Beginn der eingleisigen Strecke. Das Stationsgebäude besteht noch, ist aber nach der Schließung vergrößert und in ein Café umgewandelt worden, so dass man es heute kaum noch erkennen kann.

Der Abschnitt nach Rhöndorf und Bad Honnef war zwar schon 1909 als Teil des Gesamtpakets beschlossen worden, scheiterte zunächst jedoch an Streitigkeiten beim Ankauf der benötigten Grundstücke – und dann kam der Krieg dazwischen. Erst am 27. September 1925 konnte man nach Bad Honnef durchfahren.

Die ungewöhnliche Lage der Endstation – abseits sowohl von der Ortsmitte und auch vom Staatsbahnhof – lässt sich zumindest teilweise durch die Nähe zum Schiffsanleger auf der Insel Grafenwerth erklären. Die SSB dienten stark dem Ausflugsverkehr und waren in ein Geflecht von „Kombi- und Rundreisetickets“ eingebunden, die den Kölner Ausflüglern die Anreise ins Siebengebirge per KBE und SSB ermöglichten, während die Heimreise dann mit den Schiffen der Köln-Düsseldorfer erfolgen konnte.

Anfang der 20er Jahre war die „Neue Sachlichkeit“ als Stilvariante unter dem Oberbegriff „Neues Bauen“ als Gegenbewegung zum verspielten Jugendstil, aber auch zum „Expressionismus“ in der Architektur aufgekommen. Später ging aus dem „Neuen Bauen“ dann das „Bauhaus“ hervor.

Kennzeichen des „Neuen Bauens“ sind die waagegerecht strukturierten Baukörper mit langen durchgehenden Fensterbändern und die Flachdächer. Im Idealfall verlaufen die Fenster sogar über Eck, wie es auch in Bad Honnef der Fall ist. Das Bauwerk war also zum Zeitpunkt der Streckeneröffnung topaktuell.

Der Bahnhof steht noch, wird aber als Gaststätte genutzt und ist mit allerlei Mobiliar etc. etwas „zugekleistert“. Hinzu kommt, dass zwischen den beiden Gleisen der Endstelle ein Hochbahnsteig errichtet wurde und hohe Hecken die gesamte Anlage eingrenzen. Dadurch wirkt der Bahnhof etwas „abgehängt“ und ist außerdem nicht mehr so gut sichtbar.

Zur Zeit der Aufnahme – die 50er Jahre – waren auf den Gleisen Fahrzeuge der „letzte Schrei“, die das genaue Gegenteil zum Bahnhofsgebäude darstellten. Drei 37,60 m lange Doppeltriebwagen von Talbot (1953) bzw. Westwaggon (1954) – einer sogar mit Buffetabteil – hoben den Reisekomfort ins Siebengebirge auf eine neue Stufe. Ihre runden Formen wollten aber so gar nicht mit dem Bahnhofsgebäude in Bad Honnef harmonieren.

Da passten die vierachsigen Fahrzeuge der Ursprungsbaureihen von 1910 – 1925 wesentlich besser ins Bild. Mit ihrer beachtlichen Länge von 14,20 m nehmen sie das „horizontale Motiv“ des Bahnhofs perfekt auf, und das erst recht, wenn die Züge als vierteilige Einheiten verkehrten. Bei dem hier sichtbaren Tw 64 handelt es sich übrigens um einen Stahlwagen aus dem letzten Baulos von 1925.

Das Zielschild „Bonn – Rheinuferbahnhof“ bekräftigt den Versuch, den „Markt“ der Kölner Ausflügler im Verbund der beiden großen Privatbahnen abzuschöpfen (die Linie von Siegburg endete aus Platzgründen schon weit vorher im Stadtzentrum). Obwohl es heute technisch möglich wäre, gibt es jedoch keine durchgehenden Stadtbahnverbindungen zwischen Köln und Bad Honnef. Ein Grund dürfte sein, dass derzeit auf der Strecke nach Königswinter teilweise die Niederflur-Straßenbahnlinie 62 parallel verkehrt. Deshalb verfügen die Bonner Stadtbahnwagen überwiegend noch über Klapptrittstufen, während Köln den Bestand dieser diese Fahrzeuge mittlerweile reduziert hat und die noch verfügbaren Wagen im eigenen Netz benötigt.

-gk- / Foto: Sammlung -gk-

Quellen:
• Wikipedia
• Nauroth, Karl-Heinz: Straßenbahnen in Bonn, Nordhorn 1989