KW 35/2018 – Köln: Auf dem Weg zur “autogerechten” Stadt

Guido KorffBild der Woche

Köln gehört zu den deutschen Großstädten, denen man nachsagt, sie hätten aus den Kriegsruinen eine „autogerechte“ Stadt entstehen lassen wollen. Wie immer, hat man es in Köln aber wieder einmal anders umgesetzt als anderswo. Während Düsseldorf oder Hannover ihre Innenstädte mit riesigen Hochstraßen verschandelt haben, blieb Köln am Boden und schickte die Autos im Zentrum stellenweise sogar unter die Erde.

Die sog. „Nord-Süd-Fahrt“ bildet eine kurze Verbindung zwischen den Abschnitten der „Ringe“ im Norden und Süden der Altstadt. Sie ist ca. 3,3 km lang und stellenweise bis zu 40 m breit. Sie quert die oberirdische Ost-West-Achse von der Deutzer Brücke zum Rudolfplatz östlich vom Neumarkt in einem Straßentunnel. Wir blicken hier auf diese Kreuzung mit der Cäcilienstraße, deren Bebauung auf der Nordseite heute die sichtbaren Lücken geschlossen und auch den tiefergelegten Teil der Nord-Süd-Fahrt überdeckt hat.

Die Kölner Innenstadt, die auf römische Wurzeln zurückgeht, war bis zum Zweiten Weltkrieg sehr dicht bebaut. Selbst für die elektrische Straßenbahn ließ sich nur mit Mühe eine Route durch die engen Gassen finden und es konnten nur kleine Einzeltriebwagen eingesetzt werden. Etwas breiter waren nur die heute noch befahrene Ost-West-Achse über den Neumarkt und die nördlicher gelegene Christophstraße, die von Westen her zum Hauptbahnhof vorstieß. Da nach dem Krieg der Teil der Hohenzollernbrücke für den Straßenverkehr nicht wiederaufgebaut wurde, war der Hauptbahnhof nur noch über diese Stichstrecke ab Friesenplatz angebunden. Für die Fahrgäste nach Süden oder Norden brachte diese Führung große Umwege mit sich.

Deshalb war es naheliegend, die Straßenbahn in der Altstadt unter die Erde zu verlegen, um eine Nord-Süd-Durchquerung einzurichten. Nach ersten Plänen im Jahre 1956 erfolgte 1963 der Baubeginn und 1968 die Eröffnung des ersten Tunnels unter der Christophstraße. Die heutigen Verbindungen zum Barbarossaplatz und zur Severinstraße via Neumarkt folgten 1970.

Das Problem der engen Straßen im Zentrum plagte natürlich auch den Autoverkehr. Der bekannte Hamburger Stadtplaner Fritz Schumacher kam 1920 nach Köln und entwickelte in den folgenden Jahren Vorschläge für eine Nord-Süd-Achse, die aber alle historischen Sehenswürdigkeiten sorgsam aussparen sollte. In den 30er Jahren wurde daraus dann ein pompöses Achsenkreuz als Aufmarschstraße, mit dessen Bau westlich des Neumarkts sogar begonnen wurde.

Sah es nach dem Krieg zunächst so aus, als sei die Rücksicht auf die historische Stadtstruktur zurückgekehrt, wurde später eine breite Schneise favorisiert, die bewusst die alten Strukturen durchtrennen sollte. Hätte man das Ganze – wie später angedacht – in Tieflage oder gar als Tunnel gebaut, wäre der Schaden für das Stadtbild überschaubar geblieben. Dafür fehlte aber das Geld und deshalb wurde nur der auf unserer Ansichtskarte sichtbare Teil tiefer gelegt und später teilweise überbaut.

Diesen Abschnitt überquert gerade ein Vorortbahn-Zug aus einem Triebwagen der Serie 1141-1165 und einem dazu passenden Steuerwagen aus der Reihe 2141-2161, gebaut im Jahr 1958 bei der DWM in Berlin, um in den Genuss der “Berlin-Förderung” zu kommen. Köln hatte auf den Fernlinien mit Mitteleinstiegen gute Erfahrungen gemacht und an dieser Bauform sogar noch in der Nachkriegszeit festgehalten. Offiziell galten die Wagen als „Neuaufbauten“, waren aber praktisch komplett neu.

Mitte der 60er Jahre wurden die rechtsrheinischen Vorortbahnen in das Stadtnetz integriert und auf Düwag-Wagen umgestellt. Die letzten Mitteleinstiegswagen wurden daher 1967/68 ausgemustert und teilweise noch an die Wiener Lokalbahnen verkauft.

Am linken Bildrand sehen wir außerdem die Front eines der kleinen Zweiachser im „Düwag“-Design, deren stählerne Wagenkästen auf alte Untergestelle von Holzwagen gesetzt wurden. Damit entstand eine „modernere“ Variante der bekannten Aufbauwagen. Es könnte sich aber auch um einen Kölner „Sputnik“ handeln, bei dem die Kapazität dieser Zweiachser durch einen Nachläufer mit Drehgestell deutlich erweitert wurde. Auch die Sputniks wurden bis 1968 ausgemustert.

Beide Baureihen kann man heute im Kölner Straßenbahnmuseum Thielenbruch anschauen. Gesellschaft leistet Ihnen Tw 1824 aus dem Jahre 1939, der seinerzeit für die „Rundbahn“-Linie 18 durch die Kölner Altstadt beschafft wurde. Um die engen Kurven befahren zu können, rollt er auf einem dreiachsigen Fahrgestell nach dem Muster der schweizerischen Firma SLM. Heute gehört er zu den wenigen Fahrzeugen aus der Vorkriegszeit in der Kölner Sammlung.

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