KW36/2023 – Lier (Antwerpen): “In-Motion-Charging” mit 0 km/h

Guido Korff Bild der Woche

Die Hersteller von Trolleybussen propagieren seit einiger Zeit Duo-Busse in einer Antriebskombination aus Oberleitung und Batterien. Um Standzeiten an den Endhaltestellen oder unnötige Rückfahrten zu den Betriebshöfen einzusparen, erfolgt die Aufladung der Batterien dieser Fahrzeuge während der Fahrt unter vorhandenen Fahrleitungen – aber dazu muss erst mal eine da sein!

Die Fa. Kiepe Electric vermarktet ihre Lösung für das Batterie-Laden während der Fahrt als “In-Motion-Charging” (IMC); betont also den Aspekt der “Bewegung”. In Wahrheit kommt es darauf aber nicht an, wie wir an diesem “Bild der Woche” erkennen können. Da das Düsseldorfer Unternehmen nur elektrische Ausrüstungen fertigt, arbeitet es mit verschiedenen Herstellern von Trolleybussen zusammen und beliefert diese mit den notwendigen Komponenten. Einer dieser Hersteller ist die Fa. Van Hool, die ihren Sitz in Lier bei Antwerpen hat.

Die orangefarbene Wagenecke auf dem Foto lässt für Fachleute erkennen, dass es sich um einen Exqui.City 24T mit IMC für Linz handelt. Die 24 m langen Doppelgelenk-Trolleybusse wurden 2017 in Lier produziert und nach Österreich geliefert. Um im Werk Probefahrten durchführen zu können, wurde für das Laden der Traktionsbatterien  eine ca. 2 m lange „Teststrecke“ unter der Decke der Werkshalle montiert. Die Stromversorgung erfolgte über eine von Kiepe gelieferte Einspeisebox, die 32 A Ladestrom liefern kann. Damit war die seinerzeit einzige und zugleich kürzeste Obus-Linie Belgiens entstanden!

Jedoch hat sich gezeigt, dass die Ladeleistung für die 26-kWh-Lithium-Eisenphosphat-Traktionsbatterien der Elektrobusse hoffnungslos unterdimensioniert war und dadurch der Ladevorgang zu lange dauerte. Kurzerhand stellte Van Hool dann doch ein 90 kW-Dieselaggregat hinter den Bus, um den Strom schneller übertragen zu können. Mit der Traktionsbatterie wird danach eine Reichweite von bis zu 7 km erreicht.

Die gute Marktposition von Van Hool im Obus-Geschäft verwundert, wenn man sich die Geschichte des Obusses in dem Land anschaut. 1929 wurde in Antwerpen die erste Trolleybus-Linie in Belgien eröffnet, zur besten Zeit gab es Trolleybusse in Antwerpen, Brüssel (eine Linie) und Lüttich (Liège). Die Betriebe in Antwerpen und Brüssel wurden 1964 eingestellt und nach der Stilllegung in Lüttich war Belgien ab 1971 „trolleybusfrei“. Aber damit war die Geschichte des Trolleybusses in Belgien noch nicht zu Ende: 1989 wurde in Gent eine 8,5 km lange Trolleybus-Linie eröffnet, die allerdings bereits 2009 nach 20 Jahren wieder eingestellt wurde.

Wenngleich der Trolleybus in der belgischen Verkehrsgeschichte also keine große Rolle gespielt hat, so sei doch noch an zwei bemerkenswerte elektrisch angetriebene Bus-Konstruktionen erinnert, die in belgischen Städten zu sehen waren. Die eine ist ein dreiachsiger –aber einteiliger (!) –  Zweirichtungsobus, von dem vier Stück von 1936 bis 1964 im Dienste der Überlandstraßenbahn Lüttich – Seraing verkehrten. Diese Fahrzeuge besaßen jeweils zwei nach Fahrtrichtung entgegengesetzt ausgerichtete Stromabnehmerpaare. Die zweite Innovation war dagegen ihrer Zeit (zu) weit voraus. In Gent verkehrte von 1956-59 eine Gyrobus -Linie  mit Bussen und Technik der Schweizer Maschinenfabrik Oerlikon (MFO). An den Ladestellen wurden drei Trolleystangen gehoben und das Schwungrad (Gyro = griechisch für “Kreisel”) im Bus elektrisch beschleunigt. Obwohl das Verfahren zuverlässig funktionierte, waren der technische Aufwand und das “tote” Gewicht des Schwungrads gegenüber Dieselbussen nicht konkurrenzfähig. In Gent ist seitdem der einzige Gyrobus von MFO museal erhalten.

Eine kurze Renaissance erlebte der Ansatz um die Jahrtausendwende mit “Super-Caps”, bis Batterien endgültig die Speicherfunktion an Bord der Fahrzeuge übernahmen. Eingesetzt wurden die Hochleistungs-Kondensatoren sowohl in Bussen als auch in Straßenbahnen.

Text: Carsten Kossow / Foto: Jörg Wentscher

KW35/2023 – Duisburg: Hohenzollernbrücke auf Abwegen

Guido Korff Bild der Woche

Auf diesem Bild sehen wir den wohl äußersten seltenen Fall einer Brücke, die an zwei verschiedenen Orten von Straßenbahnen befahren wurde. Es handelt sich um einen Teil der “Oberbürgermeister-Karl-Lehr-Brücke”, die als letzte Querung die Ruhr vor ihrer Mündung in den Rhein überschreitet. Zum Brückenzug gehört noch ein zweites Feld (im Hintergrund zu erkennen), das den Hafenkanal zum ehemaligen Kaiserhafen hin überbrückt.

Wie der Titel schon erahnen lässt, gibt es eine Verbindung nach Köln. Im “Bild der Woche” für die KW33/2023 kann man nachlesen, dass die berühmte Kölner Eisenbahnbrücke vom Hauptbahnhof nach Deutz aus drei parallelen Brückenzügen bestand, von denen zwei mit insgesamt vier Gleisen der Eisenbahn vorbehalten waren. Die dritte Abteilung diente dagegen dem Straßenbahnverkehr, zu dem auch eine zweigleisige Straßenbahnstrecke gehörte. Dieser Teil wurde nicht wieder aufgebaut. Der neue Brückenteil für die S-Bahn entstand dagegen bis 1989 auf der anderen, nördlichen Rheinseite. Die Gesamtlänge der Brücke in Köln beträgt ca. 410 m. Dabei sind alle drei Bögen unterschiedlich lang; die Schiffsdurchfahrt in der Mitte naturgemäß am längsten. Der östliche Bogen, um den es hier geht, erstreckt sich auf 122,56 m.

Als die Deutsche Wehrmacht die Hohenzollernbrücke gegen Kriegsende unbrauchbar machte, wurden die stählernen Überbauten nur gering beschädigt. Die gesprengten Pfeiler ließen die Fachwerk-Konstruktionen lediglich mehr oder weniger intakt in den Rhein abstürzen. Ähnliche Probleme plagten die Stadtväter in Duisburg, wo die wichtige Verbindung von der Kernstadt in den nördlichen Stadteil Ruhrort ebenfalls einer sinnlosen Zerstörung zum Opfer gefallen war. Die bis dahin auch dort dreifeldrige Flußquerung wurde dann 1949 durch den überzähligen östlichen Bogen der Kölner Hohenzollernbrücke ersetzt. Der war zwar etwas zu kurz, konnte aber mit tragbarem Aufwand ergänzt werden. Nettes Detail am Rande: Ein Feld der in Duisburg zerstörten Brücke war noch gut genug erhalten, um nun seinerseits zu wandern und als “Prinz-Brücke” den Dortmund-Ems-Kanal in Münster-Hiltrup zu überqueren.

Auch Duisburgs wichtigste Straßenbahn-Linie 901 befährt die Oberbürgermeister-Karl-Lehr-Brücke. In die Amtszeit dieses Politikers fiel nicht nur der Start des Hafenausbaus zum größten Binnenhafen der Welt, sondern 1905 auch die Eingemeindung von Ruhrort und Meiderich (das weiter nördlich gelegene Hamborn kam erst 1929 dazu). Karl Lehr legte 1914 seine Ämter aus Altersgründen nieder und starb 1919.

Das gezeigte Motiv wird bereits in Kürze nicht mehr zu fotografieren sein: Die Hochflur-Gelenkwagen mit ihrem seltsamen Design zählen nicht zu den “Highlights” der Düwag-Schöpfungen und haben Duisburg wenig Freude bereitet. Mit dem zusätzlichen Wagen-Modul mit dem niederflurigen Einstieg hat Duisburg allerdings eine “Tradition” aus den 1970er Jahren wiederbelebt, als es dort schon einmal zehnachsige Gelenkwagen auf fünf Drehgestellen gab. Die Nachfolge-Generation steht schon in den Startlöchern, kommt aber wohl wegen einiger Kinderkrankheiten noch nicht recht in Fahrt.

Die Brücke macht dagegen schon sehr bald neuen Überbauten Platz, die links am Bildrand bereits erkennbar sind und auf ihre Verschiebung in die alte Straßenachse warten. Am 25. September 2023 wird der Brückenzug für den gesamten Verkehr gesperrt, die Freigabe der erneuerten Strecke ist für Ende Dezember 2023 geplant. Die neuen Konstruktionen sind so breit gehalten, dass der Straßenbahn sogar ein eigener Bahnkörper und dem Autoverkehr vier Fahrspuren zugeteilt werden können.

-gk- / Foto: -gk-

KW33/2023 – Köln: Dom und Bahnhof gehören doch zusammen!

Guido Korff Bild der Woche

Man kann Köln nachsagen, was man will, aber in einer Sache ist die Stadt bisher konsequent geblieben: Der Hauptbahnhof und der Dom stehen seit über 150 Jahren  – genauer: seit 1859 – nahe nebeneinander. Dem Symbol kirchlichen Machtanspruchs wurde damit ein “Statement” bürgerlichen Gestaltungswillens an die Seite gestellt. Köln als einst mächtiges Mitglied der Hanse und eine der bedeutendsten deutschen Städte des Mittelalters wollte damals seine zentrale Position im deutschen und europäischen Handel auch im Zeitalter der Eisenbahn verteidigen.

Die schnellen Schiffe der Niederländer hatten die über Land führenden Handelsrouten der Hanse entwertet. Diese “Innovation”  im Verkehrswesen hatte für Köln aber einen empfindlichen Haken: Die Waren mussten seitdem erst einmal in einen Seehafen gelangen, um die  neuen internationalen Abnehmer zu erreichen. Dabei waren die Niederländer der “Feind”, hohe Zölle auf dem Rhein auf dem Wege nach Rotterdam zehrten große Teile des Gewinns auf. Früh machte sich Köln deshalb die nächste große Erfindung der Verkehrstechnik zunutze – die Eisenbahn. Während die Rheinische Eisenbahn ab 1839 in Etappen via Aachen den belgischen Hafen Antwerpen ansteuerte, versuchte die Cöln-Mindener Eisenbahn ab 1845 die Weser zu erreichen, auf der die Waren nach Bremen weitertransportiert werden konnten. Der Weg war zwar länger, aber wurde als rein deutsche Lösung als politisch sicherer betrachtet.

Im Laufe der Zeit entstanden mehrere Kopfbahnhöfe, die durch den Rheinstrom getrennt waren, auf der Kölner Seite lagen sie zudem außerhalb der mittelalterlichen Stadt. Es gehörte deshalb schon einiger Mut dazu, mitten im Zentrum einen neuen “Centralbahnhof” einzurichten und gleich auch noch mit Deutz auf der “schäl Sick” zu verbinden. Dass die Brücke genau in der Sichtachse des Doms liegt, ist wohl dem Einfluss zu verdanken, den sich Preußen um diese Zeit im Rheinland mit viel Geld erkaufte (man denke nur an die Vollendung des Doms im Jahre 1880). Auf dem Foto erkennen wir die rechts die Portal-Türme der Brücke, die 1958 abgerissen wurden.

Der Hauptbahnhof einer Großstadt musste natürlich auch ordentlich in das innerstädtische Nahverkehrsnetz eingebunden sein, um seine Aufgaben zu erfüllen. Im Vordergrund sehen wir einen Straßenbahn-Zug, der noch aus Wagen der ersten Generation besteht. Gegenüber dem Museumswagen in Thielenbruch sind zumindest beim Triebwagen aber schon die Plattformen verkleidet. Rechts sieht man weitere Straßenbahnwagen, die in Richtung Rheinufer unterwegs sind.

Vielleicht verkehren sie auf der “Rundbahn”, die bis zum Zweiten Weltkrieg die Altstadt mit vielen engen Kurven erschloss, möglicherweise fahren sie aber auch nach Deutz, denn neben den Eisenbahngleisen gab es auf der Hohenzollernbrücke auch eine Straßenbahnfahrbahn, die nach dem Zweiten Weltkrieg aber nicht wieder aufgebaut wurde. Am Deutzer Brückenkopf kann man die darin ehedem verlegten Gleise noch heute sehen.

Auch nach dem Krieg blieb die Straßenbahn auf dem Bahnhofsvorplatz präsent, indem eine Strecke von Westen direkt vor dem Bahnhofsgebäude in einer großen Blockumfahrung endete. Neu gemischt wurden die Karten erst mit der Eröffnung der Stadtbahn, die mit einer Nord-Süd-Strecke auch gleich die Altstadt wieder an das örtliche Schienennetz anschloss.

Ins Gespräch gekommen ist der Bahnhof in den letzten Jahren durch den immer weiter steigenden Platzbedarf für neue Gleise. Das Projekt “Neue Mitte Köln” schlägt Ende 2022 deshalb vor, den Hauptbahnhof gleich ganz nach Köln-Kalk zu verlegen, weil damit außerdem die Schnellstrecke nach Frankfurt noch besser als über Köln-Messe/Deutz angebunden werden könnte. Die Strecke entlang des jetzigen Hauptbahnhofs soll dann aufgegeben und in einen begrünten Boulevard umgewandelt werden, der im Westen bis zum Mediapark reicht. Bahnsteighalle und Brücke bleiben erhalten .Die Deutzer Seite soll somit enger mit der Altstadt verbunden werden. Ein besonderer Clou wäre dabei die Brücke: Nach dem Vorbild der New Yorker “Highline”, einer parkähnlich begrünten ehemaligen Hochbahnstrecke, soll üppige Bepflanzung die Rheinquerung mit dem Fahrrad oder zu Fuß zu einem besonderen Vergnügen machen! Eine Verbindung auf Schienen ist dabei allerdings nicht mehr zu erkennen.

Hier  kann man Bilder davon anschauen.

Wenngleich die Architekten prominent sind (u. a. ein Adenauer-Enkel), hofft Ihr Redakteur, dass die lange Geschichte der Stadt genügend Gelassenheit verleiht, nicht jeden Unfug mitzumachen!

-gk- / Foto: Sammlung -gk-

Juni 2023 – Mit der “Elektrischen” durch Halberstadt

Guido Korff Buch des Monats LISTE, Buch des Monats MIT FORMATIERUNG

Dirk Endisch (Hrsg.)
Mit der “Elektrischen” durch Halberstadt
120 Jahre elektrische Straßenbahn in Halberstadt

Verlag Dirk Endisch, Stendal 2023;
160 Seiten, Querformat 17,5 x 25 cm, Hardcover, gebunden, ca. 170 schwarzweiße und farbige Abbildungen;
ISBN 978-3-947691-57-9

Im BMB-Vertrieb erhältlich für 28,00 € (auf Wunsch auch im Versand)

Mit diesem Buch gratuliert der Verlag Dirk Endisch der elektrischen Straßenbahn in Halberstadt zu ihrem 120. Geburtstag. Das kleine Netz der Fachwerkstadt am Harz wird darin in vielen schönen Aufnahmen präsentiert.

Von dem zum 100. Jubiläum vor zwanzig Jahren von gleichen Verlag herausgegebenen Buch unterscheidet sich der vorliegende Band durch die Dokumentation der Fortschritte in den letzten beiden Jahrzehnten. Waren damals die aus Stuttgart und Freiburg übernommenen Triebwagen der Baureihe GT4 der “letzte Schrei”, dominieren diesmal bei den zeitgenössischen Motiven die fünf “Leoliner” aus den Jahren 2006/7.

Der Textteil umfasst eine vollständige Betriebsgeschichte (einschl. der Pferdebahn), Übersichten über die Entwicklung der Linien und eine Wagenparkstatistik. Gegenüber der Ausgabe von 2003 wurde der Textanteil jedoch zugunsten der Bilder reduziert. Für diesen Zweck erweist sich das Querformat als eine gute Wahl, weil viele Motive damit entsprechend großformatig wiedergegeben werden können.

Die Bildwiedergabe ist sehr gut, nur bei wenigen älteren Vorlagen ist bei der angewendeten Vergrößerung ihre Körnung nicht zu übersehen. Die Anordnung der Fotos folgt einer Streckenreise, bei der alte und aktuelle Ansichten deutlich zeigen, welche positive Entwicklung das Stadtbild seit der Wende genommen hat.

Wenn man überhaupt etwas an diesem Buch kritisieren möchte, dann vielleicht die Tatsache, dass von den schon länger stillgelegten Streckenabschnitten (südliche “Ringe” in der Altstadt oder Friedenstraße) wohl eher wenige Motive zu finden waren. Speziell für Leser, die Halberstadt erst nach der Wende kennengelernt haben, fällt dieser Mangel aber sicher nicht ins Gewicht, weil die Atmosphäre der “bunten” Fachwerkstadt gerade auf den Farbaufnahmen besonders gut zur Geltung kommt.

Die Halberstädter Straßenbahn ist in den letzten Jahren durch eine ungewisse Zeit gegangen. Jüngste Beschlüsse des Stadtrats zu ihrer langfristigen Beibehaltung lassen aber hoffen, dass der kleine Betrieb auch das nächste runde Jubiläum erlebt!

Fazit: Ein ausgewogener Überblick über die Halberstädter Straßenbahn mit Bildern, an denen man sich immer wieder erfreuen kann!

-gk-


KW19/2023 – Königswinter: Eine Begegnung der besonderen Art

Guido Korff Bild der Woche

Vor einigen Wochen hatten wir ein UFO zu Gast auf unserem “Bild der Woche”. Auch diesmal geht es um ein ungewöhnliches Verkehrsmittel.

Die Stadtbahn der Linie 66 befindet sich zwar im Vordergrund, im Mittelpunkt der Aufnahme steht jedoch der Ponton auf dem Rhein mit seiner ungewöhnlichen Ladung.

Im Bonner General-Anzeiger war die Vorbeifahrt minutengenau für 10:24 Uhr am 14. Mai angekündigt. Den Fahrplan muss allerdings die Deutsche Bahn aufgestellt haben, denn erst um 11:36 Uhr konnten zahlreiche Schaulustige an beiden Ufern des Rheins bestaunen, wie U17 auf seinem Weg in das Technik-Museum Speyer an ihnen vorüberzog.

Das Unterseeboot des Typs 206A wurde 1973 in Dienst gestellt und 2010 ausgemustert. Es ist 48,60 m lang und verdrängt getaucht etwa 500 Tonnen, die Besatzung zählt 23 Köpfe.

Nach einer langen Liegezeit als Reserve wurde das Boot in Kiel seiner wehrtechnischen Ausrüstung beraubt und außerdem tauchunfähig gemacht. Auf seiner dreiwöchigen Reise von Kiel nach Speyer befuhr der Ponton auch einen Teil der Nordsee, bis er in den Rhein-Mündungsarm Waal einbiegen konnte. Die weitere Fahrt ist natürlich vor allem ein großes Werbe-Spektakel für die beiden Technik-Museen in Speyer und Sinsheim, die beide von einem Förderverein betrieben werden. In Speyer wird U17 aufgearbeitet, bevor es 2024 an seinen endgültigen Standort Sinsheim verlegt wird.

Der Stadtbahn-Zug mit seinen beiden “zweiterstellten” B-Wagen im Vordergrund mag auf dem Bild zwar länger wirken, übertrifft mit 56 m das U-Boot aber nur um ca. 7,50 m. Nur wenige Jahre jünger als U17, wird das Gespann aber sicher noch geraume Zeit die Schienen zwischen Bonn und Köln befahren. Der gute Stahl der Drehgestelle und Wagenkästen schien die Investition lohnend erscheinen. Der Stahl von U17 ist ebenfalls eine geschätzte Ware, denn neben dem Museum hatten sich auch einige Metallverwerter für das Wasserfahrzeug (500 t!) interessiert.

Auf seinem langen Weg konnte U17 in drei Städten Stadtbahnen begegnen: unter den Rheinbrücken in Düsseldorf, Köln und Bonn sowie zwischen Königswinter und Bad Honnef. Auf dem letztgenannten Abschnitt hat es zweimal geklappt, denn auch der Gegenzug zur abgebildeten Bahn nach Siegburg dürfte den Ponton noch vor seiner Endstation Bad Honnef eingeholt haben.

Am Rhein zwischen Königswinter und Bad Honnef hätte auch die Linie 66 durchaus bisweilen die Gelegenheit, sich als “Tauchfahrzeug” zu  beweisen (siehe “Bild der Woche” KW04/2018). Das wissen die Stadtwerke Bonn aber zu verhüten; denn bei Hochwasser übernehmen Omnibusse auf einer anderen Route den SEV!

-gk- / Foto: -gk-

Mai 2023 – Die Sieben – Mit der Straßenbahn von Recklinghausen nach Herten

Guido Korff Buch des Monats LISTE, Buch des Monats MIT FORMATIERUNG

Ralph Bernatz / Klaus Giesen
Die Sieben
Mit der Straßenbahn von Recklinghausen nach Herten – eine Fahrt durch die Stadt und über das Land –

Eigenverlag der Autoren, Bottrop 2023;
144 Seiten, Format 18 x 25 cm, Hardcover, gebunden, ca. 220 schwarzweiße und farbige Abbildungen;
ISBN –

Im BMB-Vertrieb erhältlich für 35,00 € (auf Wunsch auch im Versand)

Das Buch “Die Sieben” reiht sich ein in die Serie von Publikationen, die die Geschichte der Vestischen Straßenbahnen, die in Deutschland nach Gleislänge einst an sechster Stelle standen, in kleineren Teilen, dafür aber ausführlicher behandeln. Da die Liniennummern bei der Vestischen in der Nachkriegszeit weitgehend konstant bleiben, bietet es sich an, eine Strecke herauszugreifen und gemeinsam mit der Entwicklung ihrer Stammlinie zu beschreiben.

Vor über zehn Jahren machte die “Sieben” bereits einmal den Anfang dieser Serie, der inzwischen die “1” und die “10” (sowie von anderen Autoren die “9” und die Straßenbahn Herne – Baukau – Recklinghausen) folgten. Vom damaligen Erfolg überrascht, war das Heft seinerzeit rasch vergriffen. Jetzt wurden die Rufe nach einer Neuauflage erhört und eine erweiterte Version als “ausgewachsenes” Buch herausgebracht.

Die komplette Abdeckung der Strecke vom Recklinghäuser Hauptbahnhof bis zum Bahnhof Recklinghausen-Süd via Scherlebeck, Langenbochum und Herten mit detaillierten Strecken- bzw. Gleisplänen macht das Nachvollziehen den abgebildeten Motive leicht. Alle markanten Punkte der Strecke sind repräsentiert. Was die Bilder nicht zeigen (können), erläutert der Text.

Obwohl der Fahrzeugpark nicht zum eigentlichen Thema des Buchs gehört, werden die für die Linie 7 in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg typischen Großraum-Vierachser von Düwag in einem eigenen Kapitel gewürdigt. Damit liefern die Autoren wertvolle Ergänzungen zu ihren Bilderläuterungen, denn die meisten Motive zeigen diese Fahrzeug-Generation.

Ein kleiner Wermutstropfen ist die nicht immer optimale Wiedergabe der Fotos. Die Auswahl der Motive liefert dagegen eine sehr ausgewogene “Streckenreise”.

Fazit: Das Buch liefert eine sinnvolle Vertiefung zu den bereits in größerer Zahl erschienen allgemeinen “Betriebsgeschichten” der Vestischen Straßenbahnen. Das Konzept ist in sich schlüssig und informativ; der Rezensent wünscht sich von den Autoren weitere Titel in dieser Art (die die Autoren am Ende des Buchs auch in Aussicht stellen). Für Fans der Vestischen ist das Buch ein Muss!

-gk-


KW13/2023 – Neviges: Ein UFO? Wir haben Kontakt!

Guido Korff Bild der Woche

1938 kam es in Neviges zur Sichtung eines UFOs (Unbekanntes Fahrendes Objekt). Als Beweis mag das hier gezeigte Foto dienen, das natürlich qualitativ auch nicht besser ist als die diversen Aufnahmen von “Nessie” und anderen wundersamen Kreaturen und ihren Fortbewegungsmitteln. Es soll ja auch alles schön im Unklaren verbleiben!

Wir können aber bestätigen: Es kam zu Kontakten mit einigen kleineren Hindernissen im Fahrweg! An der bei Straßenbahnfans legendären “Windmüller-Kurve” in Neviges wusste man dem allerdings vorzubeugen, indem man dort vorher schon einen Teil der Fassadenverkleidung abmontiert hatte. Die Nevigeser Bürger werden nicht schlecht gestaunt haben, als dieses seltsame Gefährt ihren Ort besuchte, waren jedoch vorgewarnt, denn die Passage wurde von einer ganzen Meute Reportern begleitet.

Lüften wir aber erst einmal das Geheimnis des Fahrzeugs: Es handelt sich um den sog. “Montos-Wagen” der “Süddeutschen Eisenbahn-Gesellschaft”, wie die Essener Straßenbahn damals noch hieß.  Unter der Nr. 505 war dort ein Versuchs-Fahrzeug (kurz benannt nach seinem tschechischen Erfinder Montrose-Oster) entstanden, dass die heutigen Niederflur-Konzepte vorwegnahm. Mit 38 cm Einstiegshöhe und durchgehend flachem Fußboden war der Wagen seinen Zeitgenossen um Lichtjahre voraus. Wo Licht ist, findet sich allerdings auch Schatten: Abgesehen davon, dass sich die Technik insgesamt wohl nicht bewährte, stellte der Wagen extreme Anforderungen an die befahrene Gleislage. Das seinerzeitige Niederbergnetz dürfte den Begleitern deshalb zahlreiche Schweißperlen auf die Stirn gezaubert haben!

Und wohin war der Montos-Wagen unterwegs, als er die Bürger in Neviges erstaunte? Im November 1938 fand in Düsseldorf im Rahmen einer dreitägigen Tagung des Verbandes öffentlicher Verkehrsbetriebe eine Leistungsschau der deutschen Straßenbahn-Industrie und -Betriebe statt. Zu den Exponaten gehörten neben normalspurigen Fahrzeugen auch sieben – genauer: acht – meterspurige Wagen, die in Düsseldorf-Benrath auf einem Gleisabschnitt der Rheinbahn-Meterspurlinien präsentiert wurden. Der Montos-Wagen und ein “Zwillingswagen” aus Essen reisten auf der Schiene an. Von dort aus bestand damals noch ein durchgehender Schienenstrang bis Benrath, der u. a. über Remscheid – Wermelskirchen – Burg führte. Der große Achsstand des Montos-Wagens von 6,30 m hätte beim Weg über Burg aber Probleme bereitet, so dass stattdessen die Route über die heutige Museumsbahn gewählt wurde. Am Mühlenplatz in Solingen musste dann ein Klettergleis die dort bestehende Gleislücke überbrücken.

Am Ende der Schau in Benrath bewegte sich der Konvoi natürlich auch retour nach Essen. Der Montos-Wagen wurde in seiner Heimatstadt 1943 von Bomben zerstört – der Komet am Straßenbahn-Himmel war endgültig verglüht.

-gk- / Foto Sammlung Klaus Sieper in der Sammlung der BMB

Hinweis: In der “Haltestelle” Nr. 50 hat Klaus Sieper 1987 über diese abenteuerliche Reise berichtet und einen zeitgenössischen Pressebericht darüber zitiert. Die genannte Ausgabe der “Haltestelle” ist zum Nachlesen in unserem Archiv auf dieser Website verfügbar.

PS: Zu der Wagenausstellung in Düsseldorf gab es einen Katalog. Der Nachdruck ist noch in einigen Exemplaren in der BMB-Bücherstraßenbahn zum Kauf verfügbar!

KW10/2023 – Bratislava: Österreichisch-ungarischer Grenzverkehr

Guido Korff Bild der Woche

Vor rund 150 Jahren gab es schon einmal einen Staatenverbund in Europa, der viele Völker und Sprachen unter seinem Dach vereinte. Die Rede ist von der Österreichisch-Ungarischen Doppel-Monarchie, oft auch “k. u. k.” genannt. Der ungarische Reichsteil, für den das zweite “k.” wie “königlich” steht, genoss darin gewisse Freiheiten. Während die tschechische Republik als Böhmen zu Österreich zählte, gehörte die heutige Slowakei lange Zeit zum ungarischen Reichsteil. Natürlich waren beide Teile eng verknüpft, aber eine gewisse Differenzierung musste doch sein.

Ein schönes Beispiel ist die bekannte “Pressburger Bahn”, die die beiden bedeutenden Städte Wien und Pressburg (bis 1996 “Preßburg”)  – das heutige Bratislava – miteinander verband. Die Strecke verließ Wien in südöstlicher Richtung, folgte durchweg der Donau und überquerte erst kurz vor Pressburg den Fluss.

Die rd. 70 km lange elektrische “Interurban” wurde Anfang Februar 1914 eröffnet. Sie war normalspurig und wurde im Überlandabschnitt (ca. 48 km) schon damals mit 15 kV / 16 ⅔ Hz betrieben. Die Innenstadtabschnitte an beiden Enden waren dagegen nur mit 600 V (Wien) und 550 V (Pressburg) Gleichstrom versorgt.

Es gab also von Beginn an zwei Systemwechsel-Bahnhöfe. Da die ungarische Regierung keinen Verkehr einer österreichischen Bahngesellschaft auf ihren Territorium dulden wollte, musste eigens für den ungarischen Abschnitt die P.O.H.É.V (Pozsony Országhatárszéli Helyiérdekű Villamos Vasút = Grenzüberschreitende elektrische Lokalbahn Bratislava) gegründet werden. Diese Abkürzung sehen wir auch an der abgebildeten Lok angeschrieben. Bei diesen letzten zehn Kilometern handelte es sich allerdings fast nur noch um eine städtische Strecke, die Systemwechselstelle lag nahe der Grenze.

Die hier gezeigte Eg 6 wurde zusammen mit der Eg 5 für zwei Aufgaben erworben: Die jeweils ersten beiden Personenwagen der Fernzüge wurden von den Loks in die Innenstadt von Preßburg weiterbefördert, während der Rest der Garnituren im Systemwechsel-Bahnhof Kopčany deren Rückkehr abwartete; außerdem übernahmen sie den Güterverkehr. Für den reinen Binnenverkehr standen zweiachsige Straßenbahnwagen zur Verfügung.

Die Straßenbahn in Pressburg ist meterspurig und so erreichten die Überlandzüge die Innenstadt auf Dreischienen-Gleisen. Schon 1935 wurde der Betrieb bis zur Grenze auf alleinige Meterspur umgestellt, so dass dort fortan umgestiegen werden musste  Nach einigen Jahren Abstellzeit wurden die beiden normalspurigen E-Loks 1941 an Stern & Haferl verkauft und bei der Linzer Lokalbahn eingesetzt. Beide sind heute noch erhalten: Eg 5 in Mariazell und Eg 6 in Bratislava. Sie war noch bis 2011 in Linz im Einsatz, wurde dann aber in die Slowakei überstellt und in Bratislava äußerlich aufgearbeitet. Sie befindet sich heute in einem Eisenbahnmuseum, das im ehemaligen Ostbahnhof von Bratislava untergebracht ist. Dieser Kopfbahnhof liegt direkt gegenüber vom Hauptbahnhof.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der grenzüberschreitende Bahnbetrieb dauerhaft unterbrochen. Seitdem fehlt auf österreichischer Seite ein 4 km langer Gleisabschnitt bis zur Grenze. Auf dem Rest fährt heute die S-Bahn-Linie S7. In der Slowakei zog sich die Straßenbahn auf das östliche Flussufer zurück.

Seit den politischen Umbrüchen in Mitteleuropa kam es zu verschiedenen Anläufen, den grenzüberschreitenden Verkehr wieder einzurichten. Ein Vorschlag basierte sogar auf dem Einsatz von Stadtbahnwagen, die auf Straßenbahngleisen auch wieder die Innenstadt von Bratislava erreichen sollten. Als Reste dieses glücklosen Projekts kann man an der Auffahrt zur neuen Donaubrücke Dreischienengleise und -weichen besichtigen. Sie folgen den Straßenbahngleisen, die die Neubaugebiete in Petržalka auf dem westlichen Donauufer erschließen sollen. Vielleicht kommen die Strecken ja doch noch zueinander?

-gk- / Foto: -gk-

KW09/2023 – Dresden: Hausmannskost auf Rädern

Guido Korff Bild der Woche

Wer im – sehr sehenswerten – Dresdner Straßenbahnmuseum Trachenberge auch die Räume abseits der Fahrzeugausstellung besucht, wird auf diese Küche stoßen. Sie stammt aus einer Zeit, als es noch keine Schnellimbisse an jeder Ecke und keinen “Coffee-to-go” gab. Um die lange Schicht als Fahrer oder Schaffner zu überstehen, waren mitgebrachte Butterbrote auch nicht immer die beste Lösung. Eine warme Mahlzeit sorgte – besonders in der kalten Jahreszeit – für die Aufrechterhaltung der Arbeitskraft in einem Beruf, der damals um vieles anstrengender war als heutzutage.

Die Behälter im Vordergrund dienten einem doppelten Zweck: Sie wurden befüllt und zu Endstellen befördert, wo sich das Personal in Dienstpausen verpflegen konnte. Die dienten aber auch als Wärmespeicher für vorgekochte Speisen, wenn die Personale zu eher ungewöhnlichen Zeiten im Betriebshof selbst pausierten oder Schichtwechsel hatten. Die Form deutet es aber schon an: Um Gourmet-Küche kann es sich nicht gehandelt haben, eher um Eintöpfe und Suppen.

Wer das alles zubereitet hat, ist auf dem Foto auch nicht zu übersehen. Die blau-geblümte Kittelschürze hinten rechts verweist auf die “Küchenfee”, wobei in größeren Küchen auch kräftige Männer mit anpacken mussten, um die schieren Mengen zu bewegen, die da verarbeitet wurden. Wer das Foto jetzt mit “ostalgischen” Gefühlen betrachtet, dem sei allerdings gesagt, dass es in Westdeutschland zu der Zeit auch nicht anders zuging.

Damit leiten wir über zu Essgewohnheiten der Fahrgäste, die das “Geschäft” der Verkehrsbetriebe über die Jahre massiv beeinflusst haben. Wer als Industriearbeiter in den 50er Jahren keine “Stullen” in seiner blechernen Brotdose, die meist wie eine kleine “Geldbombe” aussah, mit zur Arbeit nahm, konnte oft auf den sog. “Henkelmann” zurückgreifen. Manche Hausfrau vertraute den Behälter einem Straßenbahnschaffner an, der dann an der Zielhaltestelle dem hungrigen Ehemann sein Mittagessen aushändigte. Bei einigen Verkehrsbetrieben gehörte dieser Transport zum regulären Service.

Das war jetzt noch keine große Sache. Aber wer sorgte für die berufstätigen Frauen? Auch wenn in Rückblicken auf die Nachkriegszeit die “Hausfrau” dominiert, gab es damals gleichzeitig Heerscharen von Verkäuferinnen in den Geschäften und Sekretärinnen in den Büros, die auch versorgt sein wollten.  Wer erinnert sich noch daran, dass westdeutsche Geschäfte früher zumeist in der Mittagszeit von 13:00 bis 15:00 Uhr geschlossen waren? Dann hieß es für das Personal: mit der Tram nach Hause, ein Mittagessen kochen und verzehren und anschließend mit der Tram zurück in Laden oder Büro.

Schnellrestaurants und Bäckerei-Cafés haben diese Selbstversorgung heute abgelöst und die mittägliche “Stoßzeit”  der Verkehrsbetriebe ist folglich verschwunden, zumal auch die Schulen auf Ganztagsbetrieb umgestellt haben. Damit gingen zwar viele Fahrgäste verloren, anderseits wurden die extremen Nachfragespitzen gekappt und Fahrzeuge wie Personal können heute gleichmäßiger, und damit kostengünstiger, eingesetzt werden.

PS: Auch im Straßenbahnmuseum Wuppertal-Kohlfurth wurde früher für die Aktiven gekocht. Aber auch hier hat die Tradition die Zeiten nicht überlebt – schade!

-gk- / Foto: -gk-

KW08/2023 – Takaoka: Eine Tram für Katzenfans

Guido Korff Bild der Woche

Süsse Katzenvideos sind der Hit in den sog. “Social Media”. Besonders verrückt danach sind die Japaner, die Katzen – oder katzenähnliche Kreaturen – besonders lieben. Diese Unterscheidung ist wichtig, denn bei Doraemon, dem die hier abgebildete Tram gewidmet ist, handelt es sich um einen Roboter aus dem 22. Jahrhundert, der nur zur Tarnung wie eine Katze aussieht und in die Gegenwart geschickt wurde, um einen kleinen Jungen zu beschützen. Die Manga-Serie und die zugehörige Anime-Umsetzung sind im Land seit ihrer Veröffentlichung zu Beginn der 70er Jahre immer noch sehr beliebt.

Ähnlich futuristisch wie der kleine Roboter wirken die sechs Niederflurwagen des Typs MLRV 1000 auf dem Gelände des Betriebshofs der Straßenbahn Takaoka im Nordwesten Japans. Die Wagen wurden 2004 beschafft und gehören zu den modernen Kurz-Gelenkwagen verschiedener Typen, die in Japan mittlerweile weit verbreitet sind. Die MLRV 1000 sind 18,40 m lang und sollen bis zu 120 Personen (nur 24 Sitzplätze) befördern können. Nahezu jeder Verkehrsbetrieb besitzt einen oder wenige dieser Wagen, weil die Anschaffung von Bahnen mit erleichtertem Einstieg vom Staat gefördert wird.

Die etwas schrille Außengestaltung trägt in Takaoka aber nur Wagen 1004, die anderen Fahrzeuge der Serie sind in einem kräftigen Rot lackiert. Im Wageninneren von 1004 setzt sich das poppige Design allerdings fort. In einem Land, das noch stärker als Deutschland unter der Überalterung der Bevölkerung leidet, finden sich im öffentlichen Raum viele Beispiele für den Einsatz von Anime-Figuren, die sich an Kinder wenden, Straßenbahnen sind da keine Ausnahme.

Der links sichtbare ältere Wagen ist keineswegs ein Oldtimer, sondern gehört zur zweiten großen Serie des Verkehrsbetriebs und stammt aus der zweiten Hälfte der 60er Jahre. In Japan sind große Vierachser vorherrschend und Beiwagen, aber auch Wendeschleifen, eigentlich unbekannt.

Die Türanordnung des Gelenkwagens – Japan hat Linksverkehr – entspricht ebenfalls dem Standard: Einstieg in der Mitte (bei manchen Typen auch hinten) und Ausstieg vorn beim Fahrer. Dort wird auch das Fahrgeld entrichtet. Die Münzen nimmt ein Automat in Empfang, der auch das Wechselgeld ausgibt. Der Fahrer beobachtet den Vorgang nur, bedankt sich aber artig bei jedem Fahrgast! Da die meisten Straßenbahnbetriebe in Japan privatrechtlich organisiert sind, sieht man in jedem Fahrgast den Kunden – und nicht nur den “Beförderungsfall”!

Alle Straßenbahnwageen im Land sind relativ kurz, um die sonst vorgeschriebene Besetzung mit einer Begleitperson zu vermeiden. Aus dem gleichen Grund trifft man auch nur sehr selten auf Gelenkbusse. Zum Ausgleich verkehren die kleineren Fahrzeuge allerdings häufiger und der Bedarf an Fahrern zehrt die Einsparung bei den Schaffnern kopfzahlmäßig sicher wieder auf.

Die Stadt Takaoka (165.000 Einwohner) verfügt erst seit 1948 über eigene Straßenbahnen. Die heutige, einzige Linie (12,8 km, Spurweite 1.067 mm) entstand am äußeren Ende 1930 als Teil einer  Überlandbahn von der Nachbarstadt Toyama herkommend und wurde erst 1951 mit dem neuen städtischen Betrieb verbunden. 1966 musste die Anbindung an Toyama gekappt werden, um Platz für einen neugebauten Hafen zu schaffen.

Text und Foto: -gk-