KW 34/2018 – Elberfeld: Die Schwebebahn auf Reisen

Guido KorffBild der Woche

Nein, das sind nicht Vater und Sohn Schmerenbeck, die hier stolz ihre Schwebebahn-Modelle präsentieren. Vielmehr heißen die beiden Herren Paul Faßbender und Moritz Frank, wie uns diese Werbepostkarte auf ihrer Rückseite verrät. Sie gaben als Wohnort Wuppertal-Elberfeld an, womit wir ihr Modell den 30er Jahren zuordnen können. Einen ähnlichen Hinweis liefert der Text auf der Vorderseite, der davon berichtet, dass die Schwebebahn in 30 Jahren etwa 300 Millionen Menschen befördert habe.

Die Rückseite informiert weiter darüber, dass die Erbauer ihre Modelle in zweieinhalb Jahren aus Ahornholz angefertigt und dazu „primitive Werkzeuge“ benutzt hätten. Dies spricht dafür, dass die Herren Faßbender und Frank in der Weltwirtschaftskrise nach 1929 ihren Arbeitsplatz verloren, aber nicht resigniert haben, sondern die neue, erzwungene Freizeit sinnvoll zu nutzen wussten.

Neben einer Station sehen wir ein kurzes Streckenstück. Die Gerüstkonstruktion scheint im Bereich der Fahrschiene seltsam flach; hier dürfte die Nachbildung nicht ganz vorbildgerecht sein. Wir zählen insgesamt vier Wagen, die alle der Baureihe 00/12 angehören. Sie wirken unmaßstäblich verkürzt. Angetrieben waren sie sicher nicht; dazu fallen die Fahrgestelle zu klein aus. Immerhin wurden aber die Speichenräder nachgebildet.

Etwas skurril mutet das dreiachsige Untergestell der Modellkonstruktion an, das wohl teilweise aus Fahrrad-Rädern besteht. Immerhin wurde damit eine gewisse „Mobilität“ für das Ganze geschaffen. Die beiden Modellbauer dürften auf Volksfesten und ähnlichen Veranstaltungen im Umkreis von Wuppertal unterwegs gewesen sein, um durch Spenden von Zuschauern ein bescheidenes Einkommen zu erzielen. Wahrscheinlich wurde bei solchen Gelegenheiten auch die abgebildete Ansichtskarte verkauft.

Völlig erfolglos kann die Sache nicht gewesen sein, denn es gibt eine weitere Ansichtskarte, die eine gewisse Weiterentwicklung erkennen lässt. Der Text auf der Vorderseite ist zwar identisch, aber jetzt scheint wohl nur noch Paul Faßbender (der linke, etwas größere Herr auf unserem Bild) mit dem Modell unterwegs zu sein. Nicht nur, dass nur noch eine Person stolz neben dem rollenden Ausstellungsstück posiert, auch die Erläuterung auf der Rückseite nennt den Partner nicht mehr, lässt uns dafür aber – bei sonst gleichem Text – wissen, dass Paul Faßbender ein „ungelernter Arbeiter“ war.

Der Unterbau weist jetzt auch nur noch zwei Achsen auf, die aber beide von einem Lkw zu stammen scheinen und entsprechend stabil wirken. Zusätzlich wölben sich drei portalartige Stangen über das Modell, die nach oben zur Mitte zusammengerollte Stoffbahnen tragen. Das Modell konnte also jetzt zeitweise vor der Witterung geschützt werden.

Diese zweite Ansichtskarte ist im April 1939 in Leipzig zur Zeit der dortigen Frühjahrsmesse auf die Post gegeben worden; dies lässt ein schöner Stempel erkennen. Wir dürfen also wohl annehmen, dass Paul Faßbender mit seinem Modell vor Ort war. Ein Transparent an der Stange für die Schutzvorhänge spricht sogar von einer „Europareise“ – Details sind aber leider nicht zu entziffern.

Und damit endet unsere Betrachtung zu der reisenden Schwebebahn von Paul Faßbender. Weiß vielleicht jemand, was aus dem schönen Modell geworden ist?

-gk- / Foto: Sammlung -gk