KW 28/2017 – Der “Schipkapass” von Hagen

Guido KorffBild der Woche

Wie so viele andere deutsche Städte ist auch Hagen im Laufe seiner Geschichte durch Eingemeindungen gewachsen. Der heutige Stadtteil Eckesey gehört erst seit 1901 zu Hagen und besaß damals schon seit fünf Jahren (Eröffnung: 07. Juli 1895) seinen eigenen kleinen Pferdebahnbetrieb von ca. 2,5 km Länge.

Der Eisenbahnknotenpunkt Hagen hatte sich zu dieser Zeit nördlich der Altstadt bereits im wahrsten Sinne des Wortes „breit“ gemacht. Der rege Zugverkehr sorgte für regelmäßig geschlossene Bahnschranken. Als Lösung für den Verkehr nach Eckesey musste also eine Brücke her. Im Jahre 1911 entstand deshalb ein imposanter Fachwerkkäfig aus Stahl mit dekorativen Zierpfeilern an den Ecken – von der Bevölkerung „Schipkapass“ getauft. Nach der Zerstörung im Jahre 1943 trat ein vereinfachter Ersatzbau an seine Stelle – ohne Fachwerküberbau, aber wieder mit den alten Eckpfeilern, von denen wir rechts im Bild einen erkennen können.

Unser Motiv von etwa 1960 zeigt einen der modernen Düwag-Sechsachser, die die Nachkriegsbrücke im Zuge der Linien 4 nach Herdecke und 5 nach Vorhalle überquerten (wobei die Gelenkwagen überwiegend auf Linie 5 verkehrten, während Herdecke – zumindest in den letzten Jahren – von Vierachsern bedient wurde). Schon 1961 wurde mit dem Bau einer Stahlbetonkonstruktion begonnen, die dann viele Jahre das Stadtbild an dieser bedeutenden Kreuzung als halbfertiges Werk „verzierte“.

Jetzt aber zur Frage des ungewöhnlichen Namens: Im 18. und 19. Jahrhundert fanden viele politisch markante Ereignisse Niederschlag im sog. „Volksmund“. Der Schipkapass (1.185 m) erleichtert die Überquerung des Balkangebirges, das in der Mitte Bulgariens von West nach Ost verläuft. 1877/78 fanden dort während des Russisch-Osmanischen Krieges entscheidende Schlachten zur Befreiung Bulgariens vom türkischen Einfluss statt. Nach diesem Anlass benannte sich dann ein Prager Wirtshaus, das überwiegend von Studenten frequentiert wurde. Das Trinklied „Am Schipkapass geht’s lustig zu“ gehörte später zum Repertoire von studentischen Verbindungen auch in Deutschland und mag auf die Verkehrslage in Hagen übertragen worden sein. Wer es genauer weiß – bitte melden!

-gk- / Foto: Sammlung Manfred Streppelmann