KW 25/2017 – Die “schwebende” Seilbahn

Guido KorffBild der Woche

In Wuppertal, aber auch in Bonn, werden aktuell Projekte für Seilbahnen propagiert, die als öffentliche Verkehrsmittel „in der zweiten Ebene“ die innerstädtischen Straßennetze entlasten sollen. Die üblichen Bürgerproteste bleiben natürlich nicht aus und so haben die Befürworter noch einen langen Weg vor sich. In Bonn werden sie es allerdings schon deshalb schwer haben, weil die Verkehrsentlastung nur ein vorgeschobenes Argument ist. Vielmehr geht es darum, eine Trasse zu bebauen, die für ein ungeliebtes Autobahn-Projekt freigehalten wurde. Letzteres soll dadurch endgültig blockiert werden.

Das neue Interesse an Groß-Seilbahnen resultiert aus verschiedenen Projekten, mit denen die Hersteller solcher Systeme in den letzten Jahren stärker in Erscheinung getreten sind. So entsteht z. B. in der bolivianischen Hauptstadt La Paz ein regelrechtes „Netz“ mit 9 Linien und 30 km Gesamtlänge. Die Koblenzer Rheinseilbahn des Marktführers Doppelmayr beeindruckt dagegen vor allem durch ihre Beförderungskapazität von 7.600 Personen pro Stunde.

Alles schon mal da gewesen – könnte man sagen – wie ein Blick zurück in das Jahr 1975 zeigt. Damals konnte man mit dem „Aerobus“ des Schweizer Erfinders Gerhard Müller fahren. Sein Konzept ähnelt der hängenden Bauweise der Wuppertaler Schwebebahnzüge. Das Fahrzeug gleitet jedoch auf Aluminiumschienen, die an einer Tragkonstruktion befestigt sind, die optisch an eine Kettenfahrleitung erinnert.

Die 2,8 km lange Strecke in Mannheim verband zwei Teile der Bundesgartenschau und soll im Sommer 1975 bei weitgehend reibungslosem Betrieb insgesamt 2,2 Mio. Besucher befördert haben. Dabei wurde auch der Neckar überquert.

Wer jetzt einwendet, Mannheim sei flach, Wuppertal aber nicht, der sei darauf verwiesen, dass auf der Schweizer Testanlage in Dietikon bei Zürich auch 120 Promille Steigung befahren wurden. Ein weiterer Vorteil der Bahn ist der große mögliche Abstand zwischen zwei Stützen, der bis zu 600 m (!) betragen kann.

Das Unternehmen Aerobus Inc. Ist heute in Texas beheimatet, weil man sich in Nordamerika (vergebens) Projektchancen versprach. Später wechselte der Fokus auf China, aber auch von dort ist noch kein praktischer Einsatz bekannt geworden.

Ihr Redakteur hat dieses Motiv ausgewählt, weil man darauf nicht nur die technische Konstruktion gut erkennen kann, sondern auch etwas zeittypisches „Kolorit“ der 70er Jahre mit ins Bild kam.

-gk- / Foto: Sammlung -gk