KW 20/2018 – Luzern: Moderner Nahverkehr in einer Mittelstadt

Guido KorffBild der Woche

Wenn man ältere Stadtansichten betrachtet, fallen einem beim Vergleich mit der Gegenwart sofort zahlreiche Veränderungen auf, zumeist moderne Gebäude und breite Straßen. Der Bahnhofsvorplatz in Luzern sieht dagegen heute noch fast genauso aus wie in den 50er Jahren. Lediglich das Haltestellendach im Vordergrund ist inzwischen modernisiert worden. Die Stadt vermarktet ihr historisches Stadtbild geschickt und so quillt der Stadtkern im Sommer über von Touristen aus Indien und China.

Aber auch hier ist alles eine Sache der Perspektive: Nachdem das alte Bahnhofsgebäude von 1896, von dessen Dach unser Bild aufgenommen worden sein könnte, 1971 abgebrannt war, hat man nach längerem Überlegen bis 1991 einen modernen Neubau errichtet, der neben der SBB auch den hier ankommenden Privatbahnen ausreichend Platz bietet. Die Halle vor den Kopfbahnsteigen wurde immerhin von Santiago Calatrava entworfen, der heute vor allem für futuristische TGV-Stationen berühmt ist. Auf dem Bahnhofsvorplatz erinnert nur noch das alte steinerne Portal an den Vorgängerbau.

Luzern als mittelgroße Stadt mit heute knapp 82.000 Einwohnern ist eigentlich schon zu klein für einen Straßenbahnbetrieb. Immerhin war die Fahrgastnachfrage in früheren Jahren aber groß genug, um 1947/48 sogar den Schweizer „Standardwagen“ in zehn Exemplaren zu beschaffen. Auf dem Bild sehen wir gerade zwei davon auf der Hauptlinie 1, die den Nachbarort Kriens im Westen mit Maihof im Nordosten verband. Nach der Stilllegung wanderten sie weiter nach Genf und beendeten ihren aktiven Einsatz dort als Beiwagen.

Bis 1961 trug der Trambetrieb die Hauptlast des Verkehrs. Die beiden Linien 1 und 2 erreichten maximal 11 km Streckenlänge. 1959 trennten sich die „Lozärner“ dann von der Tramlinie 2 nach Emmenbrücke, der 1961 die Linie 1 folgte.

Als 1921 die Stadt Brandenburg in wirtschaftlich schweren Zeiten georderte Triebwagen nicht abnehmen konnte, griff Luzern zu und erwarb zwei Triebwagen von Lindner, die bis zum Schluss eingesetzt wurden. Ihr Design war eindeutig „unschweizerisch“, so dass wir den Triebwagen am linken Bildrand problemlos als Lindner-Wagen 31 identifizieren können. Beide Wagen wurden nur als „Aushilfen“ eingesetzt, weshalb der Tw 31 sogar die weiße Lackierung behielt, die in den 40er Jahren durch ein blau-weißes Farbschema abgelöst wurde, wie wir es heute noch von Zürich kennen. Er steht auf einem Stumpfgleis, das zur früheren eingleisigen Führung der Linie 2 durch enge Altstadtgassen gehört hatte. Ab 1927 diente es nur noch als Wartegleis für Besucher des Stadttheaters – oder eben als Abstellmöglichkeit für Reservewagen.

Die Linien 1 und 2 verkehren heute noch mit weitgehend gleicher Linienführung, allerdings mit hochmodernen Doppelgelenk-Obussen von Hess, die auch optisch an eine zeitgemäße Straßenbahn erinnern sollen. Die Zeit der Trolleybusse brach schon 1941 an, als die erste Omnibuslinie auf elektrischen Betrieb umgestellt wurde. Aktuell bedienen ca. 60 Gelenk-Trolleybusse sieben Linien; der Einsatz von Zweiachsern bzw. Anhängerzügen endete im Sommer 2017.

Importe aus dem Ausland gab es aber nicht nur bei den Trambahnen. Der vordere Omnibus rechts verrät eindeutig seine amerikanische Herkunft. Sieben „Twin Coaches“ fanden zwischen 1948 und 1953 den Weg vom Herstellerwerk in Kent / Ohio in die Stadt an der Reuss. Europäische Hersteller konnten zu dieser Zeit noch nicht liefern. Die Leichtbaukarosserie wurde als „Flugzeugkabine auf Rädern“ angepriesen. Wagen 76 ist heute als Museumswagen betriebsfähig erhalten. Obwohl der Name (des Herstellers) etwas anderes suggeriert, handelt es sich aber nicht um ein zweimotoriges Fahrzeug, solche Modelle wurden nur in der Anfangszeit der Firma in den 20er Jahren produziert!